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  • Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne, l.) im Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz (SPD)
  • Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Warum Habeck sein AKW-Kompromiss nun von allen Seiten um die Ohren fliegt

Die Ausgangslage schien klar: Entweder werden alle drei noch verbliebenen AKW abgeschaltet – so etwa der Wunsch von Umweltverbänden und grüner Basis. Oder sie bleiben bis Ende der Heizperiode im April im „Streckbetrieb“. Heißt: Es gibt zwar keine neuen Brennstäbe, aber die vorhandenen werden weiter genutzt, um Strom zu erzeugen – dies ist der Wunsch etwa von FDP und Union. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat nun einen Kompromiss präsentiert: Zwei der drei Kraftwerke sollen bereitstehen und im akuten Notfall hochgefahren werden. Ein Kompromiss, der bei beiden oben genannten Gruppen für erhöhten Puls sorgt.

Ausgerechnet ein grüner Minister für Wirtschaft und Klima steht vor einem Dilemma: Alle bisherigen Bemühungen zur Energiewende hatten auf Erdgas als Brücken-Energie aufgebaut. Die russische Invasion in der Ukraine und die daraus resultierende Gas-Knappheit in Deutschland zerfetzen dieses Konstrukt aktuell in der Luft. Habeck hatte noch auf die Ergebnisse des bestellten Stresstests gehofft. Der sagt nun klar: Es könnte im Winter zu Engpässen kommen, gerade in Süddeutschland.

Seit Monaten wird auf die angespannte Lage im Süden hingewiesen

Seit Monaten weist die bayerische Wirtschaft auf die angespannte Lage im Süden hin. Auch Bayerns Landeschef Markus Söder (CSU) nutzte diese Tatsache zu populistischen Aussagen über eine angeblich „norddeutsche Regierung“, die sein Bayern im Stich lassen wolle.

Der Habeck-Kompromiss versucht nun, dem Ergebnis des Stresstests Rechnung zu tragen: Die Meiler Neckarwestheim (Baden-Württemberg) und Isar 2 (Bayern) sollen „in eine Reserve überführt“ werden, so Habeck. Nur das Kernkraftwerk Emsland wird planmäßig zum Jahresende komplett abgeschaltet.

Spahn wirft Grünen Wahlkampf-Geplänkel vor

Gerade Letzteres nannte CDU-Fraktionsvize Jens Spahn, bemerkenswert. Schließlich handle es sich um das modernste der drei AKW. Aber in Niedersachsen sei am 9. Oktober Landtagswahl. Durch die Blume also meinte er: Da hat Habeck wohl den niedersächsischen Grünen einen Gefallen tun wollen.

Spahns Parteichef Friedrich Merz sprach gar von „Irrsinn“. Die Regierung solle sofort neue Brennstäbe bestellen, damit alle drei Atommeiler noch drei bis vier Jahre laufen könnten.

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Brennstäbe besorgen kompliziert und zeitaufwendig

Allerdings hatte er dies schon öfter gefordert. Unter anderem der Sprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, hatte zuletzt von einer „gefährlichen Scheindebatte“ gesprochen. So hatte eine Sprecherin der E.on-Atom-Tochter Preussenelektra darauf hingewiesen, dass es „gut anderthalb Jahre“ dauern würde, neue Brennstäbe zu besorgen. Zumal das benötigte Uran bisher meist aus Russland kam.

Umweltverbände zeigten sich entsetzt über Habecks Kompromiss. Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser: „Eine Bereithaltung der Atomkraftwerke über den 31. Dezember hinaus ist inakzeptabel und verhindert die notwendige Energiewende – gerade im Süden Deutschlands.“

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Die AKW-Betreiber EnBW und E.on meldeten grundsätzliche Bedenken an: Ein Kraftwerk bei Bedarf hochzufahren sei gar nicht so leicht. Habeck versicherte: Kosten würden ausgeglichen, zur Not aus der Abschöpfung der „Zufallsgewinne“ – darunter übrigens auch Ökostrom-Anbieter.

Die Ampel indes könnte es erneut kräftig durchschütteln. Während Grüne und SPD den Habeck-Plan grundsätzlich begrüßten, machte FDP-Fraktionschef Christian Dürr klar: „Wir müssen die Laufzeiten verlängern, sonst drohen absurde Kosten für die Verbraucher.“

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