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  • Thomas Kemmerich, der neu gewählte Ministerpräsident äußert sich nach der Wahl im Thüringer Landtag.
  • Foto: picture alliance/dpa

Auschwitz-Komitee empört: So reagiert die Welt auf das Wahl-Beben in Thüringen

Zürich/Wien –

Die Wahl Thomas Kemmerichs zum Regierungschef in Thüringen mit den Stimmen von Liberalen, CDU und AfD hat ein politisches Beben ausgelöst. In Bedrängnis ist auch die Bundes-FDP geraten, der Kurs der Liberalen in Thüringen ist auch intern umstritten.

Auch im Ausland hat das Wahlbeben für Wirbel gesorgt. In den meisten Zeitungen im europäischen Umland haben die Zeitungen das Thema kommentiert. Auch das Internationale Ausschwitz-Komitee meldete sich zu Wort und sieht die FDP in großen Schwierigkeiten.

„De Standaard“ (Belgien):

„Die AfD stellt die deutsche Politik weiter auf den Kopf. Gestern waren alle Augen auf Thüringen gerichtet. Jenem Bundesland im Osten, wo die Partei im vergangenen Oktober einen großen Sprung nach vorn machte. Ihr gutes Abschneiden stieß obendrein dadurch sauer auf, dass die AfD dort von Björn Höcke geführt wird, dem radikalsten unter den Spitzenleuten der Partei.“

Björn Höcke

Björn Höcke, Fraktionschef der AfD, gibt nach der Wahl des neuen Ministerpräsidenten ein Interview.

Foto:

picture alliance/dpa

„Der Standard“ (Österreich):

„Was am Mittwoch im Thüringer Landtag passiert ist, hätte sich kein Drehbuchautor schlechter ausdenken können. Um den Linken Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung zu verhindern, ließen sich CDU und FDP von der AfD zu einem Schäferstündchen verführen, das nun für Schockwellen bis Berlin sorgt. (…) Und Kemmerich war so null Komma null vorbereitet, dass es fast wehtut. So geht man nicht mit einem hohen öffentlichen Amt und mit politischer Verantwortung um.“

„Tages-Anzeiger“ (Schweiz):

„Bei der Landtagswahl im Oktober hatte die FDP nur haarscharf die 5-Prozent-Hürde übersprungen. Und nun glaubt sie im Ernst, sie stelle zurecht den Regierungschef? Die CDU von Mike Mohring machte bei der Farce bereitwillig mit. … Im Ergebnis ist die Sensationswahl von Erfurt schon jetzt eine Katastrophe für die Glaubwürdigkeit von FDP und CDU – nicht nur im Osten, sondern im ganzen Land.“

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„Financial Times“ (Großbritannien):

„Kemmerich von der liberalen Freien Demokratischen Partei mag nun versuchen, eine Minderheitsregierung mit der Mitte-Rechts-CDU zu bilden, der Partei von Angela Merkel, deren Stimmen ebenfalls geholfen haben, ihn ins Amt zu bringen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er die AfD zur Beteiligung an seiner Regierung einladen wird. Doch um zu überleben, wird seine Administration auf die Unterstützung der AfD im Thüringer Parlament angewiesen sein.“

„La Vanguardia“ (Spanien):

„Das Geschehene bedeutet einen Tabubruch in der deutschen Politik, in dem bis jetzt alle Parteien des Spektrums einen cordon sanitaire gegen die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) errichtet und jeglichen Pakt mit dieser Formation verweigert hatten.“

„Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz):

„Allen, die sich jetzt um die Demokratie sorgen, möchte man sagen: Das ist Demokratie! Was im Erfurter Landtag stattgefunden hat, ist eine freie Wahl, und darüber hinaus hat ein bürgerlicher Kandidat diese Wahl gewonnen. Es gibt keinen plausiblen Grund, das Ergebnis moralisch zu verurteilen. … Eine andere Frage ist, ob die Wahl taktisch klug war. Kemmerichs Vorgänger, Bodo Ramelow, ist in Thüringen äußerst beliebt. Eine Mehrheit der Bürger hätte ihn weiterhin gern als Ministerpräsident gesehen. Ob sie die Überrumpelung durch FDP, CDU und AfD goutieren werden, ist fraglich.“

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Auschwitz-Komitee sieht Vertrauensverlust bei FDP

Auch das Internationale Auschwitz-Komitee hat sich zu der Wahl in Thüringen zu Wort gemeldet – und sieht die FDP in großen Schwierigkeiten. „Die FDP hat das riesengroße Problem Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückzugewinnen“, erklärte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner. Wenn der Bundesvorsitzende Christian Lindner von den machttaktischen Überlegungen Thomas Kemmerichs gewusst und sie gebilligt habe, müsse er als Vorsitzender einer liberalen Partei zurücktreten.

Christian Lindner

Christian Lindner gibt ein Statement zu der Wahl seines Parteikollegen Thomas Kemmerich ab.

Foto:

picture alliance/dpa

„Wenn er an diesen Überlegungen nicht beteiligt war, muss er Herrn Kemmerich wegen parteischädigenden Verhaltens aus der FDP ausschließen.“ Die Flanke der FDP nach weit rechts sei wieder sehr weit offen. „An diesem Tag eins nach dem Thüringer Debakel erinnert man sich sehr wohl daran, welche Nazi-Granden in der jungen Bundesrepublik gerade in der FDP ihre politische Heimat gefunden hatten.“

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