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Von den Rebellen gefangengenommene äthiopische Soldaten werden in der Hauptstadt Tigrays in ein Gefängnis gebracht.
  • Von den Rebellen gefangengenommene äthiopische Soldaten werden in der Hauptstadt Tigrays in ein Gefängnis gebracht.
  • Foto: AFP/ YASUYOSHI CHIBA

Vergewaltigung, Folter, Mord: Der furchtbare Bürgerkrieg von Äthiopien

Vergewaltigung, Folter, Mord: Äthiopien wird von einer brutalen Welle der Gewalt erschüttert. In der Hauptstadt sind die Menschen nun aufgerufen, sich zu bewaffnen. Es droht ein landesweiter Bürgerkrieg – mittendrin: Abiy Ahmed, Regierungschef und Friedensnobelpreisträger.

„Für Äthiopien zu sterben, ist unser aller Pflicht“: Ministerpräsident Abiy Ahmed griff in den vergangenen Tagen zu dramatischer Wortwahl. Denn der Konflikt mit den Rebellen in der Region Tigray spitzt sich zu. Die Aufständischen, Abiy nennt sie „Terroristen“, haben zuletzt mehrere wichtige Städte eingenommen und marschieren nun auf die Hauptstadt. Addis Abeba droht zu fallen.

Deshalb rief die Regierung am Dienstagabend (Ortszeit) den landesweiten Ausnahmezustand aus. Die rund fünf Millionen Bürger der Haupstadt wurden aufgerufen, sich zu bewaffnen, sich „in ihrem Quartier zu versammeln und ihre Umgebung zu sichern.“ Ältere oder gebrechliche Menschen sollten ihre Waffen Familienmitgliedern oder Nachbarn zur Verfügung stellen, so der Appell.

Menschen aus Tigray soll verschleppt und gefoltert worden sein

Die Waffen müssten allerdings registriert werden – zwei Tagen haben die Menschen dafür Zeit. Anschließend soll es Razzien geben – wer verdächtigt wird, ein Unterstützer der Rebellen zu sein, soll verhaftet werden. Schon jetzt gibt es Berichte von Menschenrechtsorganisationen, wonach Tigrayer aus Addis Abeba verschleppt worden sein sollen. Hunderte von ihnen werden nach Recherchen der Online-Plattform „African Arguments“ in einem Militärcamp in der Afar-Provinz festgehalten und gefoltert.

Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed picture alliance/dpa/AP | Francisco Seco
Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed
Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed

Der Hass auf Menschen aus der abtrünnigen Provinz wächst und wird angestachelt von Premier Abiy. Das Ganze wirkt bizarr, schließlich erhielt der 45-Jährige für seine Aussöhnungspolitik mit dem Nachbarland Eritrea 2019 den Friedensnobelpreis. Eritrea war es dann auch, das Abiy beim Einmarsch in die Provinz Tigray unterstützte. Das passierte vor genau einem Jahr, im November 2020.

Das sind die Hintergründe des Tigray-Konflikts

Der Konflikt nahm allerdings schon im August 2020 Fahrt auf. Damals sagte Abiy die Parlaments- und die Regionalwahlen in Äthiopien ab – wegen Corona. Die Regionalregierung Tigrays war damit nicht einverstanden und hielt zumindest die Regionalwahl dennoch ab. Die Tigray Volksbefreiungsfront (TPLF) gewann dabei fast alle Sitze, patroullierte mit Sturmgewehren durch die Hauptstadt Mek’ele und warf Abiy vor, sich illegal im Amt zu halten.

Daraufhin ließ der Premier seine Soldaten in Tigray einmarschieren und die Provinz besetzen. Dabei soll es zu fürchterlichen Menschenrechtsverletzungen gekommen sein. Die meisten davon seien von Streitkräften Äthiopiens und Eritreas verübt worden, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, gestern in Genf. „Der Tigray-Konflikt ist geprägt durch extreme Brutalität“, so Bachelet. Ein UN-Team dokumentierte Tötungen, Folter, sexuelle Übergriffe, Gewalt gegen Flüchtlinge und Vertreibung von Zivilisten – auch durch Rebellen. Die Lage der Menschen sei verheerend, weil humanitäre Hilfe kaum in die Region komme.


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Noch im November 2020, zu Beginn der „strafrechtlichen Operation“, hatte Abiy über Twitter gemeldet: „Die Sorge, dass Äthiopien ins Chaos stürzen wird, ist unbegründet.“ Mittlerweile ist klar: Das Gegenteil ist der Fall.

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