Muckelig in der sozialen Hängematte – so stellt sich manch ein Unions-Politiker den Bezug von Sozialhilfe vor (Symbolbild).
  • Muckelig in der sozialen Hängematte – so stellt sich manch ein Unions-Politiker den Bezug von Sozialhilfe vor (Symbolbild).
  • Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

„Union will Gesellschaft spalten“ – Riesen-Zoff ums Bürgergeld

Seit Tagen schaukelt sich der Zoff hoch. Die Ampel möchte zum 1. Januar statt Hartz IV das sogenannte Bürgergeld einführen. CDU/CSU wittern einen Blankoscheck für Sozialschmarotzer und wollen das Vorhaben im Bundesrat blockieren. Als Argument nutzen Friedrich Merz & Co. Rechenmodelle, nach denen Bürgergeld-Empfänger angeblich mehr bekämen als Arbeitende. Die Ampel ist entsetzt, SPD-Chef Lars Klingbeil spricht von Trump’schen Methoden und „Fake News“.

Um den Streit zu befrieden, hatte die Ampel am Freitag noch mal nachgebessert. Sollte die Union im Bundesrat die Umwandlung von Hartz IV ins Bürgergeld blockieren, wäre das Vorhaben zum Scheitern verurteilt.

Das Ampel-Angebot: Verschärfungen bei der zweijährigen Karenzzeit – einer Art Schonzeit mit milderen Regelungen – und neue Maßnahmen zur Vorbeugung von Missbrauch. Heizkosten etwa sollen während der Karenzzeit nur noch in angemessener Höhe übernommen werden – und nicht unbegrenzt, wie ursprünglich vorgesehen. 

Die Vorwürfe der Union

Das reicht der Union bei Weitem nicht. „Aus dem zunächst für sich selbst verantwortlichen Bürger wird mit dem Bürgergeld mehr und mehr ein Versorgungsempfänger“, so CDU-Chef Merz. Es bleibe beim Unions-Basta, trotz Änderungen.

Auch CSU-Chef Markus Söder wittert „absolut sozial ungerechte Auswirkungen“ beim Bürgergeld. Und auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer will weiter blockieren: Ein Alleinverdiener mit einem Lohn von 2500 Euro brutto komme unterm Strich nur auf wenig mehr, als wenn er Bürgergeld beziehen würde, erklärte er. „Nein, das ist der falsche Weg.“ Unter anderem sollen Leistungsbezieher beim neuen Bürgergeld rund 50 Euro mehr pro Monat erhalten als bisher.

Die Ampel-Antwort

Die heftigste Breitseite kam von SPD-Chef Klingbeil: Die Union sei eine Verbindung zweier Parteien, „die unter Markus Söder und Friedrich Merz lügt, mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten“. Die Unionsparteien schlügen „den Weg von Donald Trump“ ein, verbreiteten „Fake News“ mit ihren falschen Zahlen.

Grünen-Chefin Ricarda Lang warf CDU/CSU „soziale Kälte“ vor. Und FDP-Chef Christian Lindner sprach gar von einem „Schäbigkeitswettbewerb“, den die Union offenbar gewinnen wolle. Dabei bezog er sich vor allem auf das „Schonvermögen“, das zunächst nicht angefasst werden soll beim Bürgergeld. Hier gehe es um „Lebensleistung“ der Betroffenen.

Der Faktencheck

Mehrere Medien und Sozialverbände, darunter der DGB, haben sich die von der Union verwendeten Zahlen mal genauer angeschaut. Das DGB-Urteil: Die Rechenmodelle, die so ähnlich übrigens schon vor Monaten in der neurechten Zeitung „Junge Freiheit“ auftauchten, seien populistische Stimmungsmache.

Beispiel Mietzuschuss: Die CSU setzt in ihrem Modell 986 Euro an, laut DGB werden für den dort verwendeten Haushaltstyp nur 767 Euro gezahlt. Die von der CSU im Modell genannten 277 Euro Heizkostenzuschuss – von der Ampel überhaupt nicht vorgesehen für Bezieher. Und beim „Gegenmodell“, das die CSU etwa ansetzte, zwei arbeitende Elternteile mit zwei Kindern, die angeblich weniger als „Bürgergeldler“ bekommen: Das sei „extra kleingerechnet“. So würden etwa knapp 500 Euro Wohngeld fehlen sowie 250 Euro Kinderzuschlag, die für diese Gruppe bezahlt würden.

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Abgesehen davon seien etwa die 53 Euro, die ein alleinstehender Empfänger nun mehr bekomme, lediglich der ohnehin benötigte Inflationsausgleich. Derzeit liegt die Inflation schließlich bei über zehn Prozent.

Allerdings steht die Union auch nicht ganz alleine mit ihrer Einschätzung: Mitte Oktober hatte auch der Bundesrechungshof befürchtet, dass viele Arbeitslose sich im neuen System keine Arbeit mehr suchen würden.

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