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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht im Bundestag und bekommt Applaus von der Bundesregierung.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht im Bundestag und bekommt Applaus von der Bundesregierung.
  • Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Ukraine-Präsident fleht Deutschland um Hilfe an – Politiker streiten nach seiner Rede

Nach drei Wochen Krieg und Zerstörung richtet Wolodymyr Selenskyj einen hochemotionalen Appell an den Bundestag. Die Abgeordneten sind aufgerüttelt. Doch verstricken sie sich gleich wieder ins Kleinklein.

Drei Wochen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem emotionalen Appell mehr Hilfe von Deutschland gefordert. Wieder gehe eine Mauer durch Europa, sagte Selenskyj am Donnerstag laut Übersetzung in einer Videoansprache an den Bundestag. Er richtete sich direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Lieber Herr Bundeskanzler Scholz, zerstören Sie die diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient.“

Bei der Metapher der Mauer bezog sich Selenskyj auf den früheren US-Präsidenten Ronald Reagan. Dieser hatte 1987 in West-Berlin an die Sowjetunion appelliert, die Berliner Mauer niederzureißen.

Emotionaler Auftritt: Ukraine-Präsident Selenskyj fleht Deutschland um Hilfe an

Selenskyj betonte, in seinem Land seien nun Zivilisten und Soldaten wahllos Ziel russischer Angriffe. Laut Übersetzung sagte er: „Russland bombardiert unsere Städte und zerstört alles, was in der Ukraine da ist. Das sind Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, alles. Mit Raketen, mit Luftbomben, mit Artillerie. In drei Wochen sind sehr viele Ukrainer gestorben, Tausende. Die Besatzer haben 108 Kinder getötet, mitten in Europa, bei uns im Jahre 2022.“

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Der Präsident erinnerte an den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion vor 80 Jahren und fügte hinzu: „Wieder versucht man in Europa, das ganze Volk zu vernichten.“ Er dankte allen Deutschen, die sich für die Ukraine einsetzten, auch Unternehmen, die Moral über Gewinn setzten. Zugleich beklagte er, dass er lange vergeblich um Hilfe gebeten und sein Ansinnen eines Nato-Beitritts keinen Erfolg gehabt habe. „Und auch jetzt zögern Sie noch beim Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union.“ Auch das sei ein „Stein für die neue Mauer“.

Anschlag in Kiew führt zu Verzögerung im Bundestag

Die Bundestagsabgeordneten waren vor der Rede aufgestanden und begrüßten den auf einer Videoleinwand zugeschalteten Selenskyj mit Applaus. Die Parlamentssitzung hatte mit leichter Verspätung begonnen. Es habe technische Probleme gegeben, weil es in Kiew „einen Anschlag in unmittelbarer Nähe“ gab, sagte Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt.

Die Grünen-Politikerin drückte Entsetzen über den von Russland begonnenen Krieg aus sicherte Kiew die Solidarität Deutschlands zu. „Wir sehen euch, wir sind in Gedanken bei euch und bei denen, die um euch trauern“, sagte sie mit Blick auf die Kriegstoten.

Deutsche Parlamentarier streiten nach Selenskyj-Rede

Nach Selenskyjs Rede stritten Abgeordnete, ob es eine Aussprache darüber geben sollte. Ein entsprechender Antrag der Union wurde am Donnerstag nur von den Abgeordneten der Linken und der AfD unterstützt. Die drei Koalitionsfraktionen stimmten dagegen.

Die Union hatte eine 68-minütige Aussprache beantragt. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz sagte zur Begründung, man wolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drei Wochen nach dessen erster Regierungserklärung zum Krieg in der Ukraine wissen: „Wo stehen wir, haben wir das richtig gemacht, gibt es möglicherweise Entscheidungen die nachkorrigiert werden müssen.“


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Göring-Eckardt war nach der Rede Selenskyjs ohne Pause zur Tagesordnung übergangen und hatte zunächst zwei Abgeordneten zum Geburtstag gratuliert – begleitet von Zwischenrufen aus der Unionsfraktion wie „unwürdig“. (mik/dpa)

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