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  • Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet traten im zweiten TV-Triell gegen einander an.
  • Foto: (c) dpa

TV-Triell: Laschet giftet, Baerbock punktet – wer wirklich gewonnen hat

Die Vorzeichen waren klar vor dem zweiten TV-Triell am Sonntagabend: Olaf Scholz (SPD) so etwas wie der Titelverteidiger, Armin Laschet (CDU) als Herausforderer – CSU-Chef Markus Söder hatte ja schon die Devise ausgegeben: An diesem Wochenende muss die Kehrtwende her! Und Annalena Baerbock (Grüne) als mittlerweile vermeintliche Außenseiterin, die nichts mehr zu verlieren hat. Entsprechend munter wurde das Triell – zumindest was zwei der Beteiligten anging.

Das Setting: seriös. Schließlich geht es um das wichtigste Amt im Lande. Und ausgetragen wurde das zweite Triell bei ARD und ZDF, den Flaggschiffen der deutschen TV-Nachrichten. Die Kandidatin und die Kandidaten trugen verschiedene Schattierungen von gedecktem Blau, einzige Farbspritzer: die roten Krawatten der Herren und die lila Schuhe der Dame. Umso mehr Farbe hatten dann im Laufe des Abends die Diskussionen. Was allerdings nur selten am Moderations-Team lag.

Einzig ZDF-Moderatorin Maybrit Illner hakte auch mal nach, blieb bissig und witzig zugleich. Allerdings ließ auch sie zu viele Themen nur halb erklärt liegen: wenn Laschet sich lasch und vage zu CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen äußerte, wenn Scholz sich beim Thema Wirecard rausredete, wenn kaum klar wurde, was jetzt genau beim Thema Digitalisierung künftig passieren soll.

TV-Triell: Armin Laschet im Attacke-Modus gegen Olaf Scholz

Laschets Plan war klar: Er wollte attackieren. Und schoss sich dann auch direkt auf Scholz ein, griff ihn mehrfach direkt an. „Das ist eines Finanzministers unwürdig“, giftete er zum Beispiel. Ansonsten verhedderte er sich aber immer wieder in Widersprüche zu früheren Aussagen. Hatte er vor kurzem noch behauptet, der Klimawandel sei „plötzlich“ überall Thema, war es diesmal „seit den 90ern“ der Fall. Eigentlich seit den 70ern, aber gut. Bei den Zuschauern kam seine aggressive Art in einer Blitz-Umfrage wenig an, er wirkte am wenigsten sympathisch.
Inhaltlich machte er vor allem immer wieder klar, dass er in Sachen Steuern, Klima, Zuwanderung an anderer Stelle steht als die Mitbewerber.

Scholz indes spielte die Rolle des Souveränen, ließ Laschets Angriffe weitgehend an sich abperlen. Nur beim Thema Razzia im Finanzministerium, da wurde er fast schon laut für Scholzsche Verhältnisse, auch eine Rötung in Gesicht und Ohren war zu erkennen. Bewusst würde Laschet hier Unwahrheiten verbreiten, die Hausdurchsuchung habe nur wegen Vergehen in Köln stattgefunden, das Bundesfinanzministerium in Berlin werde gar nicht beschuldigt.

Umfrage: Wer hat das zweite Triell aus Ihrer Sicht gewonnen?

TV-Triell: Olaf Scholz und Annalena Baerbock ganz kuschelig

Gegenüber Baerbock blieb Scholz auffällig höflich. Genau wie umgekehrt. Hier wurde sich schonmal für künftige Koalitionsverhandlungen zurecht gekuschelt, schien es. Seine Punkte machte Scholz vor allem dort, wo er solide Regierungsarbeit hervorheben konnte. Sein Motto seit Wahlkampf-Beginn: Ich bin der wahre Nachfolger von Angela Merkel!

Beim Klima setzt er auf die berühmte ruhige Hand, will keine Verbote, sondern ein Fördern der Industrie. Und sein Mantra beim Wohnen und den Mietpreisen ist gerade in Hamburg auch wohlbekannt: Bauen, bauen, bauen! Anders als Laschet fuchtelte Scholz auch nicht ständig wirr mit den Händen herum, sondern bekräftigte nur ab und zu einen Gedanken auch gestisch – souverän wirkte das, wenn auch manchmal etwas einschläfernd vielleicht.

TV-Triell: Annalena Baerbock nutzte Außenseiterinnen-Rolle

Und Baerbock? Die nutzte ihre Rolle der Außenseiterin, die nichts mehr zu verlieren hat, recht geschickt. Anders als die beiden Herren in der Runde machte sie auch mal einen Witz, sprang geschickt hin und her zwischen Kritik am Gegenüber und dem Betonen von Gemeinsamkeiten. Etwa beim Impfen: „Mein dringender Appell: Lassen Sie sich impfen! Ich denke aber, das gilt für uns alle drei hier.“ Als zu Beginn im Studio ein Stuhl rumpelnd zu Boden ging, nahm sie den Ball direkt auf und scherzte, der Wahlkampf werde in den letzten Wochen ähnlich laut rumpeln.
Ihre weiteren Themen: Klima, Kinder, Frauen. Zu erwarten zwar, aber sie machte jeweils Punkte gut, zumindest inhaltlich.

Baerbock sprach konsequent vom „Kanzlerinnenamt“ und der „Chefinnensache“, ließ auch beim Klima die beiden Streithähne erstmal machen, um dann genüsslich zu sagen: „Interessant, Ihnen beiden bei der Aufarbeitung Ihrer Vergangenheit zuzuhören.“ Die GroKo streite über Vergangenheit, die Zukunfts-Konzepte lägen bei den Grünen.

TV-Triell: Scholz aus Zuschauersicht der Sieger

Insgesamt bewertete das Fernsehpublikum Olaf Scholz am besten: In einer repräsentativen Blitzumfrage des Instituts Infratest dimap erklärten 41 Prozent der Befragten den Finanzminster zum Sieger des zweiten Triells. Armin Laschet kam mit 27 Prozent auf Platz zwei, Annalena Baerbock mit 25 Prozent auf Platz drei. Zum Vergleich: Bei den Blitzumfragen nach dem ersten Triell vor zwei Wochen bei RTL erklärten 36 Prozent der Zuschauer:innen Olaf Scholz zum Sieger, Annalena Baerbock landete auf dem zweiten Platz (30 Prozent), Armin Laschet auf dem letzten (25 Prozent).

Aus Zuschauer:innensicht am sympatischsten war beim gestrigen Triell Annalena Baerbock (39 Prozent der Befragten), gefolgt von Olaf Scholz (34 Prozent) und Armin Laschet (18 Prozent). Den kompetentesten Eindruck machte der Umfrage zufolge Scholz (49 Prozent), auf Platz zwei kam Laschet (26 Prozent), Baerbock landete hier auf Platz drei (18 Prozent). Am glaubwürdigsten fanden die Zuschauer:innen Olaf Scholz (39 Prozent), Armin Laschet und Annalena Baerbock landeten hier gleichauf (beide 26 Prozent). Die größte Tatkraft strahlte der Umfrage zufolge die Grünen-Kandidatin aus (Baerbock 41 Prozent, Scholz: 28 Prozent, Laschet: 25 Prozent).

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