Streit um Asyl-Zurückweisungen: SPD-Ministerin deckt Kurs von Merz
Einen Tag nach den Beschlüssen des Berliner Verwaltungsgerichts geht die Debatte um Zurückweisungen von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen weiter.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) deutete am Dienstag beim Deutschen Kommunalkongress in Berlin an, die Entscheidungen könnten die Spielräume an den Grenzen möglicherweise etwas einengen. „Aber die Spielräume sind nach wie vor da. Wir wissen, dass wir nach wie vor Zurückweisungen vornehmen können“, so der Kanzler. Zuvor hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) betont, an der bisherigen Praxis festhalten zu wollen.
Bei Zurückweisungen werden Menschen an der Grenze daran gehindert, diese zu überqueren. Das ist möglich bei Personen, die keine Papiere bei sich haben beziehungsweise gefälschte Dokumente vorlegen oder gegen die eine Einreisesperre vorliegt.
Vor dem Berliner Verwaltungsgericht hatten drei Flüchtlinge aus dem ostafrikanischen Somalia gegen ihre Zurückweisung bei einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) geklagt. Nach Darstellung des Bundesinnenministeriums erschienen sie am 2., 3. und 9. Mai an der deutsch-polnischen Grenze. Erst beim dritten Mal hätten sie ein Asylbegehren geäußert, das aufgrund der Vorgeschichte zurückgewiesen worden sei.
Zurückweisungen: Gericht setzt Grenzen
Das Berliner Verwaltungsgericht hatte in dem Eilverfahren entschieden, dass Menschen nicht einfach zurückgewiesen werden dürfen, wenn sie nach dem Grenzübertritt auf deutschem Staatsgebiet um Asyl bitten. Die Bundesrepublik sei nach der Dublin-Verordnung der EU dazu verpflichtet, bei Asylgesuchen, die auf deutschem Staatsgebiet gestellt werden, in jedem Fall das vorgesehene Verfahren zur Bestimmung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaats vollständig durchzuführen.
Weiter hielten die Richter fest, dass sich die Bundesrepublik nicht darauf berufen könne, die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage nicht anwenden zu müssen. Insbesondere könne sie die Zurückweisungen nicht auf eine Ausnahmeregelung im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union stützen. Es fehle dafür die hinreichende Darlegung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Dobrindt kündigte daraufhin an, die Asylgesuche der drei Somalier zu prüfen und „dezidiertere Begründungen” für das Vorgehen an den Grenzen zu liefern.
Kirchen begrüßen Urteil
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sieht sich in der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts bestätigt. „Dauerhafte Grenzkontrollen und pauschale Zurückweisungen von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen sind mit EU-Recht unvereinbar“, sagte der Beauftragte des Rates der EKD für Flüchtlingsfragen, Bischof Christian Stäblein, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Ähnlich äußerte sich der Jesuiten-Flüchtlingsdienst. Direktor Stefan Keßler rechnet mit weiteren Entscheidungen von Gerichten zugunsten zurückgewiesener Asylsuchender. Die Argumente des Berliner Verwaltungsgerichts für die Rechtswidrigkeit der Zurückweisungen seien „so schlagend, dass sie voraussichtlich auch in den weiteren Verfahren Bestand haben werden”, sagte Keßler der KNA.
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Rückendeckung für seinen harten Kurs in der Flüchtlingspolitik bekam der Bundesinnenminister unterdessen durch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig. Das Verwaltungsgericht habe nicht entschieden, dass künftig alle Asylbewerber ins Land gelassen werden müssten, betonte die SPD-Politikerin im Podcast „Table.Today”. Diese Entscheidung sage nur, dass die drei Antragssteller das Dublin-III-Verfahren durchlaufen müssten. „Und das hat der Innenminister zugesagt.” (dpa/mp)
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