Marcus Grotian vom Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte
  • Bundeswehrsoldat Marcus Grotian setzt sich für Ortskräfte in Afghanistan ein.
  • Foto: picture alliance/dpa/Britta Pedersen

Soldat will afghanische Helfer nach Deutschland holen

NATO-Truppenabzug aus Afghanistan: Die Soldaten der Bundeswehr haben das Land bereits verlassen. Doch den Menschen vor Ort – vor allem den Helfern der ausländischen Truppen – droht nun die Rache der Taliban. Ein Soldat will ihnen helfen, Afghanistan zu verlassen.

Ende Juni landete die letzte Bundeswehrmaschine mit deutschen Soldaten aus Afghanistan. Doch zurück bleiben viele Ortskräfte, die der Truppe während des fast 20-jährigen Einsatzes geholfen haben. Sie sind nun in großer Gefahr – viele von ihnen fürchten Folter und Mord durch die radikalislamische Taliban.

Bundeswehrsoldat kritisiert unzureichendes Schutzprogramm

Anfang Juli ist das Schutzprogramm für die Ortskräfte angelaufen. Erste Afghanen sind mit ihren Familien nach Deutschland ausgereist. Doch Kritiker halten die Bedingungen, um in das Schutzprogramm aufgenommen zu werden, für zu streng – auch die Ausreise sei verbesserungswürdig. Bundeswehrsoldat und Vorsitzender des „Patenschaftsnetzwerks Afghanische Ortskräfte“ Marcus Grotian will deshalb für die Bezahlung der Flugtickets Spenden sammeln. Das sagte Grotian, der selbst im Afghanistan-Einsatz war, der „Süddeutschen Zeitung“.

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Alle verbliebenen ehemaligen afghanischen Mitarbeiter der Bundeswehr, die das Land verlassen wollen, sollen nach Kabul und von dort mit Linienflügen aus dem Land gebracht werden. Sollte dies nicht ausreichen, solle aus privaten Mitteln eine Maschine gechartert werden, sagte Grotian. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann verkündete auf Twitter, bereits gespendet zu haben.

„Ich kann das moralische Versagen, das ich hier wahrnehme, nicht in Worte fassen“, kommentiert Marcus Grotian gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ die Situation. „Ganz viele Rädchen drehen sich. Doch sie greifen nicht ineinander.“

AKK setzt sich für Aufnahme früherer Helfer ein

Kritik am aktuellen Schutzprogramm gibt es auch mit Blick auf den Umgang mit Helfern der Bundeswehr, die bei Dienstleistern und nicht direkt bei der Truppe unter Vertrag standen, berichtet der „Spiegel“. Diese Afghanen arbeiteten zwar oft täglich im deutschen Lager, können sich aber dennoch nicht für das Schutzprogramm bewerben. Laut dem Innenministerium ist für sie „in erster Linie der jeweilige Arbeitgeber zuständig“ – nicht die Bundesregierung.

Hinzu kommt, dass vielen Helfern unklar ist, wie sie sich für das Programm bewerben können. Und dass die Ortskräfte die Reisekosten für ihre Familien selbst tragen müssen. Kurz vor dem Abzug hatte die Bundeswehr im Eiltempo immerhin Ausreisepapiere für insgesamt 471 afghanische Helfer organisiert. Die Betroffenen werden zum großen Teil seit längerer Zeit von den Taliban bedroht – wenn sie zum Beispiel als Dolmetscher für die Truppen gearbeitet haben. Die Afghanen dürfen ihre Ehefrauen und minderjährigen Kinder mit nach Deutschland nehmen. Auch für die Angehörigen wurden nach Angaben der Truppe Visa ausgestellt – zusätzliche 2380.

Das Schutzprogramm sorgte bereits in der Bundesregierung für Ärger. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) setzte sich für eine großzügige Aufnahme früherer Helfer der Bundeswehr ein – das Innen- und das Entwicklungsressort leisteten Widerstand. (vd)

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