Impfpflicht: So könnte es funktionieren
Manche sprechen von „dreistem Wortbruch“, Wohlmeinende von einer „positiven Fehlerkultur“: Nachdem praktisch alle Parteien lange versprochen hatten, es werde in der Pandemie keine allgemeine Impfpflicht geben, will sie die Ampel-Koalition nun doch. Erklärtes Ziel: katastrophale Corona-Wellen wie die aktuelle künftig zu verhindern. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was plant die Ampel-Koalition?
Manche sprechen von „dreistem Wortbruch“, Wohlmeinende von einer „positiven Fehlerkultur“: Nachdem praktisch alle Parteien lange versprochen hatten, es werde in der Pandemie keine allgemeine Impfpflicht geben, will sie die Ampel-Koalition nun doch. Erklärtes Ziel: katastrophale Corona-Wellen wie die aktuelle künftig zu verhindern. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was plant die Ampel-Koalition?
Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) hatte am Dienstag erklärt, der Bundestag werde noch im September einen Gesetzentwurf zu einer allgemeinen Impfpflicht erarbeiten. Über diesen soll dann im Frühjahr, voraussichtlich Anfang März abgestimmt werden. Dabei soll es keinen Fraktionszwang geben, jeder Abgeordnete entscheidet nach seinem Gewissen. Voraussichtlich wird nur die AfD geschlossen mit „Nein“ stimmen. Bereits beschlossen hat die Ampel eine „einrichtungsbezogene Impfpflicht“, beispielsweise für alle Angestellten in Pflegeheimen. Diese soll noch im Dezember in Kraft treten.
Wer wäre von einer Impfpflicht betroffen?
Alle Erwachsenen. Ausgenommen wären nur diejenigen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Das betrifft vor allem Menschen, die eine nachgewiesene Unverträglichkeit gegen Inhaltsstoffe haben, die in allen Vakzinen vorkommen. Ob die Pflicht auch für Kinder von 12 bis 18 Jahren gelten soll, ist noch nicht geklärt.
Was ist mit den Auffrischungsimpfungen?
In einem schriftlichen Vorschlag für die Ministerpräsidentenkonferenz hatte Scholz davon gesprochen, dass Geimpfte nach sechs Monaten ihren Status als Geimpfte verlieren sollten, da bei den Impfstoffen die Schutzwirkung vor Ansteckungen nachlasse. Sie wären rechtlich dann wieder wie Ungeimpfte zu behandeln. Öffentlich äußerte sich Scholz aber zurückhaltender. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.
Was soll bei Verstößen gegen die Impfpflicht passieren?
Der kommende Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte dazu: „Käme es zu einer allgemeinen Impfpflicht, gibt es einen breiten Konsens unter Verfassungsrechtlern, dass es nicht zulässig wäre, Menschen zur Impfung zu zwingen. Vermutlich würde man die Verletzung der Impfpflicht wie eine Ordnungswidrigkeit behandeln und ein Bußgeld daran knüpfen.“ Verstöße wären also keine Straftaten sondern würden eher wie Schwarzfahren oder Falschparken behandelt.
Was könnte hartnäckigen Verweigerern im Extremfall drohen?
Ob als letztes Mittel eine Gefängnisstrafe verhängt werden kann wird noch diskutiert. Verfassungsrechtlich wäre es nach Einschätzung vieler Experten möglich. Ob es auch politisch klug wäre, steht auf einem anderen Blatt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schloss Gefängnisstrafen bereits aus.
Diskutiert werden deshalb auch andere Wege: Eine Strafmöglichkeit wäre es, den Ungeimpften ihre Krankenversicherung im Falle einer Corona-Erkrankung zu entziehen. Dann müssten sie für eine Behandlung selbst aufkommen – was extrem teuer werden kann. Der Staat könnte auch Leistungen wie den Kinderfreibetrag vom Vorliegen eines Impfnachweises abhängig machen. Ebenfalls in der Diskussion: Führerscheinentzug für Ungeimpfte sowie Dauerquarantäne.
Wo gibt es bereits eine Impfpflicht?
Eine allgemeine Impfpflicht ist tatsächlich weitgehend Neuland. In einigen zentralasiatischen Ländern gibt es sie bereits. Österreich hat die Einführung für Februar angekündigt. Weit häufiger sind Impfpflichten für bestimmte Personengruppen: In Frankreich gilt seit dem Spätsommer eine Impfpflicht für Pflegekräfte. Griechenland hat nun eine Impfpflicht für alle über 60-Jährigen angekündigt. Diese haben bis Mitte Januar für eine erste Impfung Zeit. Kommen sie dem nicht nach, müssen sie monatlich 100 Euro bezahlen.
Das könnte Sie auch interessieren: Kunde rastet aus: Merkel beim Sneaker-Shopping entdeckt
In Deutschland gibt es bereits eine Corona-Impfpflicht bei der Bundeswehr. Bei uns gilt eine Masern-Impfpflicht – allerdings nur für Kinder in Schulen und Kitas. Die deutsche Pocken-Impfpflicht wurde damit begründet, dass man die Krankheit dadurch ausrotten konnte. Das ist bei Corona leider nicht gegeben.