Übersicht des Geländes in Butler: Der Schütze hatte sich 137 Meter von Trumps Rednerpult entfernt auf einem Dach in Stellung gebracht. Offenbar unbemerkt von den ihm gegenüber postierten Scharfschützen des Secret Service.
  • Übersicht des Geländes in Butler: Der Schütze hatte sich 137 Meter von Trumps Rednerpult entfernt auf einem Dach in Stellung gebracht. Offenbar unbemerkt von den ihm gegenüber postierten Scharfschützen des Secret Service.
  • Foto: picture-alliance/Yasin Demirci/Anadolu

Attentat auf Trump: Warum sah der Secret Service nicht den Schützen auf dem Dach?

Nach dem Anschlag auf Donald Trump steht Amerika unter Schock: Wie konnte ein Mann während einer Wahlkampfveranstaltung in Butler (Pennsylvania) am Samstag mindestens acht Schüsse auf den Präsidentschaftskandidaten abfeuern und ihn am Ohr verletzen? Wieso haben die Personenschützer trotz extrem hoher Sicherheitsvorkehrungen den Mordversuch nicht verhindert? Die Chefin des Secret Service muss sich unangenehmen Fragen stellen – ihre Truppe steht seit Wochen in der Kritik.

Ein Augenzeuge schildert gegenüber dem britischen Fernsehsender BBC, er und Freunde hätten beobachtet, wie ein Mann mit einem Gewehr auf ein Dach nahe der Rednertribüne gestiegen sei. Das berichtet der „Spiegel“. Die Gruppe hätte sofort Polizisten darauf aufmerksam gemacht, aber die Beamten hätten nicht reagiert. Er habe sich gefragt, warum die Sicherheitskräfte Trump nicht von der Bühne geholt hätten – dann seien die Schüsse gefallen.

Dem Bericht zufolge ist der Trump der am aufwendigsten geschützte ehemalige US-Präsident überhaupt – nicht zuletzt, weil er als neuer Kandidat weiterhin in der Öffentlichkeit steht. Rund um die Uhr begleiten ihn Agenten des Secret Service, der für die Sicherheit aktiver und ehemaliger Präsidenten zuständig ist.

Trump ist der am besten gesicherte Ex-Präsident

Bei Trumps Wahlkampfauftritten werden die Besucher durch Metalldetektoren geführt, die Ausrüstungen von Kamerateams gecheckt. Da die Veranstaltungen oft im Freien auf großen, offenen Flächen stattfinden, sind Scharfschützen auf umliegenden Dächern postiert – auch in Butler. Wieso haben die Sicherheitskräfte nicht bemerkt, wie der Attentäter auf ein Gebäude rund 130 Meter gegenüber dem Rednerpult kletterte und sich in Position brachte?

Unmittelbar nach dem Anschlag schirmen Agenten des Secret Service Donald Trump auf der Bühne ab. picture alliance/dpa/AP | Evan Vucci
Unmittelbar nach dem Anschlag schirmen Agenten des Secret Service Donald Trump auf der Bühne ab.
Unmittelbar nach dem Anschlag schirmen Agenten des Secret Service Donald Trump auf der Bühne ab.

Dem „Spiegel“ zufolge waren die Sicherheitsmaßnahmen bei einer ähnlichen Wahlkampfveranstaltung in Chesapeake (Virginia) vor zwei Wochen deutlich höher. Gut eine Stunde vor Trumps Auftritt hätten Security-Mitarbeiter bereits die Eingänge geschlossen und niemanden mehr aufs Gelände gelassen.

Warum sah der Secret Service nicht den Attentäter auf dem Dach?

Dass das Dach, von dem aus der 20-jährige Thomas Matthew Crooks auf Trump schoss, den Ex-Präsidenten sowie zwei Besucher verletzte und einen weiteren Besucher tötete, unbewacht war, macht den ehemaligen FBI-Agenten Bobby Chacon fassungslos. „Das Gebäude… war das nächstgelegene Gebäude mit freier Sicht auf die Bühne. Ich bin schockiert, dass sie (die Sicherheitskräfte – Red.-) niemanden auf dem Dach hatten“, sagt er im Interview mit dem US-Fernsehsender CNN.

Der ehemalige FBI-Scharfschütze Steve Moore mutmaßt gegenüber CNN, dass der Secret Service die Sicherheitsvorkehrungen entweder falsch geplant oder mangelhaft umgesetzt hat. Auf dem Dach habe es für den Attentäter Möglichkeiten gegeben, sich zu verstecken.

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Der Secret Service steht schon seit Wochen in der Kritik, seit eine Personenschützerin von Vize-Präsidentin Kamala Harris ihren Vorgesetzten angegriffen hatte. James Comer, der Vorsitzende des Kongressausschusses für Aufsicht und Rechenschaft, will die Zustände in der Leibgarde untersuchen und warnt „vor potenziellen Risiken für die nationale Sicherheit“ durch „Schwachstellen innerhalb der Behörde“, so der „Spiegel“.

Die Chefin des Secret Service, Kimberley Cheatly, wird sich bald einer Reihe vermutlich unangenehmer Fragen stellen müssen: Comer hat sie wegen des Anschlags auf Trump für den 22. Juli zu einer Kongressanhörung vorgeladen. (mp)

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