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Saporischschja
  • Das AKW Saporischschja im Osten der Ukraine ist mit Artillerie beschossen worden.
  • Foto: Konstantin Mihalchevskiy/imago

Saporischschja: Atombehörde warnt vor zweitem Tschernobyl

Einen explodierten Atomreaktor gibt es in der Ukraine bereits: Tschernobyl. Die Situation an einem weiteren AKW – dem größten in Europa – gerät immer weiter außer Kontrolle. Nun ist das nukleare Kraftwerk in Saporischschja im Osten des Landes beschossen worden. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA warnt eindringlich vor der nächsten Atomkatastrophe.

Wie die deutsche Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) berichtet, sei durch den Beschuss die externe 33kV-Hochspannungsleitung beschädigt worden. Die IAEA berichtet zudem über eine in Brand geratene Stickstoff-Sauerstoff-Station in einem Nebengebäude. Feuerwehrleute hätten das Feuer schnell gelöscht, die Station muss nun repariert werden. Beschuss habe es auch in der Nähe des Lagers für abgebrannte Brennelemente gegeben. Fakt ist: Aus Sicherheitsgründen wurde einer der insgesamt sechs Atomreaktoren bereits vom Netz genommen. Radioaktivität wurde offenbar nicht frei gesetzt.

Auf dem verminten Gelände steht russische Artillerie

Dass ein Beschuss des Geländes stattgefunden hat, ist unstrittig. Allerdings machen sich Russland und die Ukraine gegenseitig dafür verantwortlich. Das AKW ist seit März durch russische Truppen besetzt. Betrieben wird der Meiler aber noch vom ukrainischen Unternehmen Energoatom. Das in der Nähe der aktuellen Front befindliche Gelände soll stark vermint sein und den Russen als Munitionslager dienen. Beides ist plausibel, denn das russische Militär verschießt von dem Gelände aus nachweislich Artillerie-Geschosse – ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konventionen.

Allerdings lässt sich kaum klären, wer nun das Gelände tatsächlich beschossen hat. Plausibler erscheint, dass das ukrainische Militär die Nerven oder den Überblick verloren hat. Allerdings erscheint es auch nicht undenkbar, dass die Russen verantwortlich sind: Immerhin tobt momentan in Europa und vor allem in Deutschland eine Diskussion um eine „Renaissance“ der Atomkraft. Daran hätte der Kreml aber wohl wenig Interesse, denn das würde unterm Strich die Abhängigkeit Europas von russischen fossilen Brennstoffen verringern. Der Chef der deutschen Atomaufsichtsbehörde, Wolfram König, hat bereits angekündigt, die Risikobewertung für AKW müsse wegen des Kriegs neu gewichtet werden.

Atombehörde erhält seit März keinen Zutritt

IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi ermahnte beide Seiten, eine militärische Auseinandersetzung in der Nähe des AKW könne die „öffentliche Gesundheit und die Umwelt in der Ukraine und darüber hinaus“ bedrohen: „Jegliche militärische Feuerkraft, die auf die Anlage gerichtet ist oder von ihr ausgeht, wäre ein Spiel mit dem Feuer, mit möglichen katastrophalen Folgen“, erklärte er. Eine Gefährdung der Sicherheit von Saporischschja müsse „um jeden Preis“ vermieden werden.

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In der Vergangenheit hatte es immer wieder kriegsbedingte Probleme mit dem AKW gegeben. Die IAEA verlangt bereits seit März Zugang zu dem Gelände. Sie scheitert mit diesem Wunsch aber bereits an der ukrainischen Seite: Die Regierung in Kiew vertritt die Meinung, ein IAEA-Besuch in Saporischschja käme einer internationalen Anerkennung der russischen Eroberungen gleich.

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