• Bald in ganz Deutschland? Jena hat die Mundschutzpflicht schon eingeführt. Dieses Bild stammt aus Bayern in Sonthofen.
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Mundschutz-Pflicht: Bald in ganz Deutschland? Eine Stadt hat sie schon eingeführt

Berlin/Jena/Wien –

In Österreich müssen Supermarktkunden ab Mittwoch Gesichtsmasken tragen. Auch in Deutschland wäre eine Maskenpflicht im Kampf gegen das Coronavirus möglich, wenn die Bundesländer sie anordnen.

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Derweil hat die Stadt Jena eine Maskenpflicht angekündigt. „In einer Woche soll das Tragen eines Mund-und-Nasen-Schutzes in Jenaer Verkaufsstellen, dem öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr verpflichtend werden“, teilte die Stadt mit.

Auch Tücher oder Schals sind in Jena zum Schutz erlaubt

Die Maßnahme sei vom Fachdienst Gesundheit angemahnt worden. Ziel sei es, die Sicherheit des Personals im öffentlichen Leben zu erhöhen. Neben Masken seien auch Tücher oder Schals als Schutz möglich, wenn sie Nase und Mund bedeckten.

Die Stadt hat nach eigenen Angaben eine Grundausstattung an Masken. Damit wolle man Pflegekräfte, Ärzte, Fahrer im öffentlichen Nahverkehr und andere Menschen in systemrelevanter Infrastruktur versorgen. An die Bevölkerung erging die Bitte: „Nähen Sie sich selbst und anderen Menschen den wichtigen Mund-Nasen-Schutz, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.“

WHO sieht keinen Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus keinen Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am Montag in Genf. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren.

Osterreich ordnet Schutzmaskenpflicht beim Einkaufen an

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie ordnet Österreich eine Schutzmaskenpflicht beim Einkaufen an. Ab Mittwoch dürfen Supermärkte nur noch mit Mund- und Nasenschutz betreten werden, die von den Geschäften verteilt werden sollten, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz an. Mittelfristig sollten die Masken an allen öffentlichen Orten getragen werden.

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Zwar schützen einfache Gesichtsmasken ihre Träger nur begrenzt vor Ansteckung mit Covid19. Ein Tuch vor Mund und Nase kann aber die beim Sprechen und Husten entstehenden Tröpfchen auffangen und bietet damit einen gewissen Schutz für anderen Menschen. Masken können also einen Beitrag im Kampf gegen die Seuche leisten.

SPD-Mann Karl Lauterbach ist für die Maskenpflicht

Kommt die Tragepflicht nun auch in Deutschland? Erste Politiker sind dafür. „Aus medizinischer Sicht halte ich eine solche Bestimmung persönlich für sehr sinnvoll“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Bedeutung von Masken zur Eindämmung des Corona-Virus sei anfänglich unterschätzt worden.

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht den Nutzen. „Solche einfachen Masken, die als sogenannter Spuckschutz dienen, reduzieren das Risiko, dass man seine Mitmenschen über die sogenannte Tröpfcheninfektion ansteckt und machen insofern wirklich Sinn“, sagte der Ministerpräsident dem RND. Vor allem, wenn auch das Gegenüber eine Maske trage, verringere sich das Risiko einer Ansteckung.

Von einer Verpflichtung wie in Österreich wollte Kretschmann dennoch nichts wissen. „Dazu müssen wir erst die ausreichende Zahl an Masken haben, ohne dass der vorrangige Einsatz im medizinischen und pflegerischen Bereich beeinträchtigt wird, dieser hat absolute Priorität.“ Auch Lauterbach wies darauf hin, dass eine ausreichende Versorgung mit Masken Voraussetzung für eine Tragepflicht sei.

Der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte, das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit könne man in Erwägung ziehen, „wenn wir über Ausstiegsszenarien aus den ganzen Maßnahmen nachdenken.“ Die Industrie stelle sich darauf ein, Masken zu fertigen.

Entscheiden müssten die Bundesländer

Rechtlich wäre ein Maskenzwang in Deutschland möglich, allerdings müsste dieser von den Bundesländern oder von kommunalen Gesundheitsbehörden angeordnet werden.

Bislang gibt es dazu in den meisten Bundesländern keine Pläne, wie eine Abfrage des RND am Montag ergab. Aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Berlin, Hamburg und dem Saarland hieß es unisono, derzeit sei keine derartige Regelung in Planung. Andere Länder äußerten sich nicht. Hinter vorgehaltener Hand wurde in vielen Staatskanzleien auf den bestehenden Mangel an Masken in Krankenhäusern verwiesen.

Mundschutz-Thema soll mit Bundeskanzlerin Merkel besprochen werden

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann kündigte an, das Thema am Mittwoch bei einer Telefonkonferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ansprechen zu wollen.

Bis dahin würden auch einfache Vorkehrungen, wie ein selbstgenähter Mundschutz helfen, wenn man draußen unterwegs ist, sagte Kretschmann. Wichtig bleibe aber, die geltenden Abstandsregeln einzuhalten. Daran ändere auch das Tragen von Mundschutz nichts.

Von Andreas Niesmann, Marina Kormbaki, Jan Sternberg, Thoralf Cleven, Tim Szent-Ivanyi, Markus Decker, Matthias Koch, Christian Rath (RND, dpa)

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