Rassismus bei der Polizei: „Der Durchschnitt hat keine Waffe in der Hand“
Lange hatte der damalige Innenminister Host Seehofer (CSU) sich gegen eine „Rassismus-Studie“ bei der Polizei gewehrt. Sein Credo: Alles „Einzelfälle“, es gebe kaum problematische Weltbilder. Letztlich sorgte er dafür, dass die Studie erweitert wurde, auch die Belastung der Beamten untersucht wurde. Trotzdem sperrten sich Hamburg und Baden-Württemberg, nahmen nicht teil. Sie fürchteten eine „Stigmatisierung“. Nun liegen Zwischenergebnisse der Studie der Deutschen Hochschule der Polizei vor. Was von denen zu halten ist, erklärt der Hamburger Polizeiforscher Rafael Behr.
Lange hatte der damalige Innenminister Host Seehofer (CSU) sich gegen eine „Rassismus-Studie“ bei der Polizei gewehrt. Sein Credo: Alles „Einzelfälle“, es gebe kaum problematische Weltbilder. Letztlich sorgte er dafür, dass die Studie erweitert und auch die Belastung der Beamten untersucht wurde. Trotzdem sperrten sich Hamburg und Baden-Württemberg, nahmen nicht teil. Sie fürchteten eine „Stigmatisierung“. Nun liegen Zwischenergebnisse der Studie der Deutschen Hochschule der Polizei vor. Was von denen zu halten ist, erklärt der Hamburger Polizeiforscher Rafael Behr.
Eine Tendenz zeichnet sich schon ab: Zwar gibt es laut der Studie tatsächlich nur bei einem marginalen Teil der Beamten von unter einem Prozent ein geschlossenes menschenfeindliches Weltbild. Dennoch: Es seien „mehr als nur Einzelfälle“ mit problematischen Einstellungen.
21 Prozent glauben: Asylsuchende wollen Sozialsystem ausnutzen
15 Prozent der befragten Beamten stimmten voll oder eher zu, dass Demokratie „eher zu faulen Kompromissen“ führt. Ebenfalls 15 Prozent finden, dass „zu viele Ausländer“ in Deutschland leben. 21 Prozent stimmen ganz oder eher zu, dass Asylsuchende nur zu uns kämen, „um das Sozialsystem auszunutzen“. Und 17 Prozent fühlen sich „durch die vielen Muslime manchmal wie ein Fremder im eigenen Land“. 14 Prozent wollen Obdachlose aus Fußgängerzonen entfernen. Und 20 Prozent stimmen ganz oder eher zu, dass Demonstrierende nur auf die Straße gehen, um zu randalieren.
MIt diesen Werten liegen die Beamten zwar „nur“ leicht im problematischeren Bereich als der Bundesschnitt. Professor Rafael Behr betont allerdings im MOPO-Gespräch, wie problematisch er schon den Vergleich mit dem Schnitt findet: „Der Durchschnitt hat keine Waffe in der Hand, ein Postbote hat keine Befugnisse, jemanden festzunehmen.“

Die Zahlen zeigen indes – zumindest auf den ersten Blick – dass gut 80 Prozent der Befragten kaum problematische Weltbilder haben. Die Rücklauf-Quote von 16 Prozent der 50.000 verschickten Fragebögen bedeutet immerhin den mit Abstand größten Datensatz zur Polizei. Andererseits haben andere Fragebögen bei der Polizei meist einen Rücklauf von rund 50 Prozent.
Vor allem problematisch: Der große Graubereich
Außerdem lagen rund 40 Prozent bei den Fragen in einem Graubereich, gaben Teils-Teils-Antworten, stimmten etwa einem autoritären Weltbild nur in Teilen zu. Hier müsse noch viel genauer hingesehen werden, so Behr. „Das ist die schweigende Mehrheit, die den Mund nicht aufmacht, wo es nötig wäre.“
Grundsätzlich aber sagt Behr: „Ich bin froh, dass es diese Studie gibt.“ Ein Anfang sei gemacht. Und unter dem Strich habe die Studie den Polizeidienststellen auch nicht weh getan. Niemand habe je behauptet, dass alle Beamten rassistisch seien.
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Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte: Die Beamten verdienten „allen Rückhalt und Respekt“, leisteten extrem wichtige Arbeit. Aber: „Es gibt null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen von Menschenfeindlichkeit.“
In Hamburg läuft derzeit theoretisch eine eigene Studie. Einen ersten Fragebogen lehnten die Polizeigewerkschaften aber ab.