Putins General in Mariupol: Sie nennen ihn „den Metzger“
Was sich in Mariupol abspielt, bezeichnen Beobachter als „apokalyptisch“. Seit Wochen lässt Russlands Präsident Wladimir Putin die ukrainische Hafenstadt bombardieren. Fast alle Häuser sind zerstört, die Stadt wurde fast komplett dem Erdboden gleich gemacht. Tausende starben – und wer überlebt, muss ohne Strom, fließendes Wasser, Heizung und Nahrungsmittel in Kellern und Schutzbunkern ausharren. Mitverantwortlich für den Horror ist ein russischer General, den Geheimdienstler als „Metzger von Mariupol“ bezeichnen.
Es muss die Hölle auf Erden sein: Wer aus Mariupol fliehen konnte, schildert Schreckliches. „Hunderte Leichen lagen auf der Straße“, schrieb eine Frau namens Olena der Deutschen Presse-Agentur über einen Messengerdienst. Alles sei zerstört, „die Stadt Mariupol gibt es nicht mehr“, so Olena.
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Was sich in Mariupol abspielt, bezeichnen Beobachter als „apokalyptisch“. Seit Wochen lässt Russlands Präsident Wladimir Putin die ukrainische Hafenstadt bombardieren. Fast alle Häuser sind zerstört, die Stadt wurde fast komplett dem Erdboden gleich gemacht. Tausende starben – und wer überlebt, muss ohne Strom, fließendes Wasser, Heizung und Nahrungsmittel in Kellern und Schutzbunkern ausharren. Mitverantwortlich für den Horror ist ein russischer General, den Geheimdienstler als „Metzger von Mariupol“ bezeichnen.
Es muss die Hölle auf Erden sein: Wer aus Mariupol fliehen konnte, schildert Schreckliches. „Hunderte Leichen lagen auf der Straße“, schrieb eine Frau namens Olena der Deutschen Presse-Agentur über einen Messengerdienst. Alles sei zerstört, „die Stadt Mariupol gibt es nicht mehr“, so Olena.
Für besonderes Entsetzen sorgten die Angriffe russischer Raketen auf eine Entbindungsklinik und ein als Schutzbunker genutztes Theater in Mariupol, vor dessen Eingänge Ukrainer extra in riesigen Buchstaben das russische Wort für „Kinder“ geschrieben hatten, um Piloten vom Beschuss des Gebäudes abzuhalten. Bei beiden Angriffen kamen zahlreiche Menschen ums Leben. Insgesamt gab es in Mariupol schon mehrere tausend Tote.
Putins General in Mariupol: Sie nennen ihn „den Metzger“
Dafür verantwortlich ist Generaloberst Mikhail Mizintsev, übereinstimmenden Angaben zufolge der zweithöchste Befehlshaber der russischen Streitkräfte.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat Mizintsev offiziell das Kommando über den Angriff auf Mariupol übertragen, schrieb die ukrainische Bürgerrechtlerin Oleksandra Matviichuk auf Twitter. Ilya Ponomarev, ein ehemaliger russischer Abgeordneter, der mittlerweile im Exil lebt, twitterte ebenfalls: „Die Belagerung von Mariupol wird persönlich von Generaloberst Mikhail Mizintsev geleitet“. Auch das ukrainische Militär hat entsprechende Erkenntnisse, wie Armeesprecher Sergey Bratchuk auf Facebook schrieb.
Mizintsev soll nicht nur die Angriffe auf die Mariupoler Klinik und das Theater angeordnet haben, sondern auch befohlen haben, zivile Infrastrukturen zu zerstören, also Strom-, Gas-, Heizungs- und Kommunikationsleitungen. Er ließ den militärischen Ring um Mariupol immer enger ziehen und die Luftangriffe auf die Stadt verstärken.
Das Ziel: die Bevölkerung Mariupols von lebenswichtiger Grundversorgung abzuschneiden, ihr das Dach überm Kopf zu nehmen, sie den bitterkalten Temperaturen (vor einigen Tagen noch herrschte Dauerfrost) auszusetzen und auszuhungern. Kurz: Sie zu brechen. Geheimdienste und das ukrainische Militär bezeichnen Mizintsev deshalb als „Metzger von Mariupol“. Auch der ehemalige Botschafter der Ukraine in Wien, Olexander Scherba, verwendete diese Bezeichnung auf Twitter.
Wer aber ist der Mann, der so viele Menschen auf dem Gewissen hat und mit barbarischer Brutalität auf wehrlose Kinder schießen lässt?
Mikhail Mizintsev soll „Putins Liebling“ sein
Mizintsev wird offiziell als Direktor des Russischen Nationalen Verteidigungszentrums geführt, ein Amt, das er seit 2014 inne hat. Der 60-Jährige soll „Putins Liebling“ sein, schrieb Ponomarev auf Twitter.
Mizintsev ist ein erfahrener Militärstratege und war auf Geheiß Putins auch im syrischen Bürgerkrieg im Einsatz. Er habe dort „große Erfahrung mit der Zerstörung von Städten“ gesammelt, schrieb Bürgerrechtlerin Matviichuk auf Twitter.
In der Tat unterstützen russische Truppen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad bei seinem brutalen Kampf gegen sein eigenes Volk. Vor allem zwischen 2015 und 2016 waren russische Soldaten dort im Einsatz, flogen Luftangriffe unter anderem auf Aleppo. Die Stadt wurde damals belagert und beschossen, wie derzeit Mariupol belagert und beschossen wird. Es gab gezielte Attacken auf Krankenhäuser, Schutzeinrichtungen und humanitäre Evakuierungskorridore.
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Nach Angaben des Syrischen Netzwerks für Menschenrechte kamen mindestens 1640 Menschen zu dieser Zeit ums Leben. Die britische Zeitung „The Times“ schreibt, dass Mizintsev den Syrien-Einsatz entscheidend mitorchestrierte. Russische Truppen wurden damals auch beschuldigt, die Bevölkerung mit Streumunition und Fassbomben angegriffen zu haben. Auch Giftgas soll gegen Zivilisten eingesetzt worden sein. Beobachter fürchten, dass Mariupol das Schlimmste diesbezüglich noch bevorstehen könnte.
„Warum ist sein Gesicht noch nicht verstümmelt?“
Mizintsevs Brutalität soll auch in einem Audiomitschnitt deutlich werden, den Diplomat Scherba auf Twitter teilte. Seinen Angaben nach ist in dem gut zweiminütigen Clip zu hören, wie Mizintsev über einen Junior-Offizier spricht, der seine Uniform nicht richtig getragen haben soll. Die Kommunikation wurde von Geheimdiensten abgefangen.
„Schaut euch diesen kleinen Abschaum an. Er hat nicht seine Uniform an, sondern seinen Dreckspullover. Warum ist sein Gesicht noch nicht verstümmelt? Warum sind seine Ohren noch nicht abgeschnitten? Warum wurde er nicht nachts mit einer Flasche verprügelt?“, soll Mizintsev demnach sagen.
Darum wird um Mariupol so erbittert gekämpft
Warum aber schickt Putin seinen „Metzger“ ausgerechnet nach Mariupol? Die Stadt ist von strategisch wichtiger Bedeutung: Fällt Mariupol, kann Russland eine Landbrücke von der annektierten Krim-Halbinsel in die besetzten Gebiete auf dem Donbass einrichten. Somit wäre fast der komplette Südosten des Landes unter russischer Kontrolle.
Berichten zufolge werden bereits jetzt Zivilisten aus Mariupol gegen ihren Willen nach Russland verschleppt – zum Teil unter dem Deckmantel der Evakuierung über humanitäre Korridore.