2011: Ein Rekrut des Fernmeldebataillons 701 aus Frankenberg
  • Ein Rekrut des Fernmeldebataillons 701 aus Frankenberg bei einer Schießübung.
  • Foto: Arno Burgi/dpa

Pistorius facht Debatte an: „War ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen“

Eigentlich galt sie als überholt und abgeschafft – zumindest vorerst. Doch angesichts des Ukraine-Kriegs haben unter anderem der Kanzler und der Verteidigungsminister sie wieder aufs Tableau gebracht: die Wehrpflicht. Die FDP-Militärexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagt: Wenn, dann müssten diesmal auf jeden Fall auch die Frauen ran!

Seit dem 1. März 2011 werden keine Wehrpflichtigen mehr gegen ihren Willen zum Dienst verpflichtet. Gerne heißt es im Volksmund, dass damals – unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) – das „Aus“ für die Wehrpflicht kam. Tatsächlich aber wurde sie nur ausgesetzt. Im „Spannungs- oder Verteidigungsfall“ kann sie wieder eingesetzt werden.

Seit Monaten wird daher in Militärkreisen darüber debattiert: Muss die Pflicht zum Dienst an der Waffe nicht doch zurückkehren? Und falls ja: Was müsste dafür getan werden, wo sind Fallstricke, wie realistisch wäre das überhaupt?

Scholz und Pistorius stellen Abschaffung auf den Prüfstand

Bundeskanzler Olaf Scholz und sein neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) haben nun frischen Wind in die Diskussion gebracht. Vergangene Woche sprach der Kanzler über die Fehler der Unions-Verteidigungsminister, die sie nun auszubügeln hätten: „Dazu zählt ja nicht nur die Halbierung der Bundeswehr und die Abschaffung der Wehrpflicht, dazu zählt auch das größte Sparprogramm für die Bundeswehr.“

Ergo: Die Abschaffung der Wehrpflicht steht offenbar auf dem Prüfstand. Ende vergangener Woche legte Pistorius dann in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) nach: „Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen.“

„Ohne Wehrpflicht gäbe es die Ukraine nicht mehr“

Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD), die auch für das neue Amt von Pistorius im Gespräch war, betonte im Oktober laut „SZ“ in einer Sitzung der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen, dass die Bundeswehr mehr ausgebildetes Personal auf allen Ebenen brauche. Ein Oberstleutnant in der gleichen Sitzung: „Ohne Wehrpflicht würde es die Ukraine nicht mehr geben.“

Oder ist das Ganze nicht doch eher eine Phantom-Debatte? FDP-Expertin Strack-Zimmermann sagte der „SZ“, welche Punkte ihres Erachtens für einen Erfolg wichtig wären. Unter anderem müsse allen Beteiligten schlicht klar sein: „Zweistellige Milliardenbeträge“ seien notwendig, um das System wieder in Gang zu bringen. Ausbildung, neue Kasernen (die alten wurden oft an Kommunen abgegeben), Equipment – all das kostet.

Strack-Zimmermann: Auch Frauen müssten Dienst leisten

An sich schließt sie aber – anders als vor einem Jahr – die Wehrpflicht nicht aus. Zwei Punkte scheinen ihr indes besonders wichtig: Der Dienst müsste von zuletzt nur neun Monaten im Jahr 2011 auf mindestens zwölf erhöht werden. Carlo Masala, Professor an der Bundeswehr-Universität München, spricht gar von 18 Monaten. Zu komplex sei das militärische Gerät heutzutage, um in so kurzer Zeit den Umgang damit zu lernen.

Strack-Zimmermanns zweiter Punkt: Sie glaubt nicht, dass heute noch ein Gericht die Wehrpflicht nur für Männer durchgehen ließe. Sprich: Auch Frauen müssten dann wohl Dienst an der Waffe leisten.

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Ob das Parlament sich bald mit dem Thema beschäftigt, ist angesichts der großen Hürden noch offen. Hinter vorgehaltener Hand wundern sich einige ältere Abgeordnete schon länger, wie freimütig jüngere Kolleg:innen ohne militärische Erfahrung die Lieferung schwerer Waffen fordern.

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