• Ebrahim Raeissi gewann die Wahl, wird ab August Präsident des Iran.
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Ebrahim Raeissi: Wer ist der neue Hardliner im Iran?

Mit Ebrahim Raeissi (60) rückt ein erzkonservativer Hardliner ins iranische Präsidentenamt. Nach acht Jahren unter dem gemäßigten Hassan Ruhani (72) erwarten Beobachter:innen, dass das Land deutlich nach rechts rücken könnte. Wer ist der Mann, der in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle dabei spielen dürfte, wie stabil die Nahost-Region sein wird?

Raeissi hat seinen Sieg Donald Trump zu verdanken. Das ist eine steile These – und doch wird sie immer wieder von Expert:innen in Teheran bemüht. Trumps Ausstieg aus dem Wiener Atomabkommen im Jahr 2018 und neue US-Sanktionen haben den Iran in eine schwere Krise gestürzt. Davon profitierten die Hardliner – vergangenes Jahr bei den Parlamentswahlen, nun beim Präsidentenamt.

Es gab kaum Gegenkandidaten bei der „demokratischen“ Wahl

Raeissis Wahl war indes keine Überraschung mehr. Der sogenannte Wächterrat hatte im Vorfeld alle aussichtsreichen Gegenkandidaten aussortiert. Weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten gaben dann auch ihre Stimme ab – ein Negativrekord! An einer inszenierten und undemokratischen Wahl wollten viele offenbar nicht teilnehmen.

Der 1960 in Maschad im Nordosten des Iran geborene Raeissi gilt in Kleruskreisen als sehr einflussreich, politisch ist er dagegen ein unbeschriebenes Blatt. In den vergangenen drei Jahrzehnten war er in der Justizbehörde tätig, zunächst als Staatsanwalt, später als Richter, seit 2019 ist er Justizchef. Der Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei (82) gilt als sein Förderer, das Präsidentenamt könnte die Nagelprobe werden, um später selbst Ajatollah zu werden. Chamenei nannte Raeissi im Wahlkampf einen „vertrauenswürdigen und erfahrenen Mann“.

Raeissi wohl verantwortlich für menschenrechtswidrige Massen-Hinrichtugnen

Kritiker:innen sehen das anders: Als Staatsanwalt soll er unter anderem als Teil eines sogenannten Todeskomitees für die außergerichtliche Hinrichtung von mindestens 1500 politischen Gefangenen verantwortlich gewesen sein. Amnesty International spricht gar von 5000 Regimegegnern, wirft Raeissi Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Die meisten Expert:innen sind überzeugt, dass Raeissi Ruhanis moderaten Kurs nicht fortsetzen wird. Wie sein politischer Kurs in den nächsten vier Jahren konkret aussehen wird, dürfte nach seiner Vereidigung im August die Formation seines Kabinetts zeigen. Besonderer Fokus liegt dann auf den Posten des Außenministers und des Atomchefunterhändlers.

Raeissi könnte gezwungenermaßen auf USA zugehen

Die entscheidende Frage nach der Wahl: Wie geht es weiter mit dem Wiener Atomabkommen von 2015, das die nuklearen Aktivitäten des Iran einschränken sollte? Und wie mit der von Sanktionen schwer belasteten iranischen Wirtschaft? Raeissi und die Hardliner waren bislang nicht nur gegen das Abkommen an sich, sondern auch gegen Verhandlungen mit den USA. Raeissi hat seinen Standpunkt inzwischen etwas angepasst und will mit den USA reden. „Ich will den Knoten lösen“, sagte er. Angesichts der Wirtschaftssanktionen wird ihm auch kaum etwas anderes übrig bleiben.

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In der iranischen Nahostpolitik wird mit Raeissi nach Einschätzung von Beobachter:innen wohl der Gesprächston mit Israel radikaler werden. Auch ein militärischer Konflikt mit dem Erzfeind wird nicht ausgeschlossen. Die Sorgen sind groß, dass mit Raeissi neue Unruhe in der Region entstehen wird. (km/dpa)

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