Kampf um ukrainisches AKW: Die Angst vor dem Atom-GAU
Als in der Nacht auf Freitag ukrainischen Angaben zufolge russische Truppen auf das AKW Saporischschja schossen und ein Feuer ausbrach, war sie auch hierzulande wieder spürbar: die Angst vor einer atomaren Katastrophe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi sprach von „Nuklear-Terror“ Russlands. Moderne Atomkraftwerke seien aber nicht mit Tschernobyl zu vergleichen, sagen Expert:innen.
Bei dem Beschuss hätten ein Schulungszentrum und ein Labor auf dem Gelände des AKW Saporischschja gefangen, hieß es von ukrainischen Behörden. Reaktoren seien nicht betroffen gewesen.
Löschtrupps von russischen Soldaten behindert?
- Deutsch (Deutschland)
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Als in der Nacht auf Freitag ukrainischen Angaben zufolge russische Truppen auf das AKW Saporischschja schossen und ein Feuer ausbrach, war sie auch hierzulande wieder spürbar: die Angst vor einer atomaren Katastrophe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi sprach von „Nuklear-Terror“ Russlands. Moderne Atomkraftwerke seien aber nicht mit Tschernobyl zu vergleichen, sagen Expert:innen.
Bei dem Beschuss hätten ein Schulungszentrum und ein Labor auf dem Gelände des AKW Saporischschja gefangen, hieß es von ukrainischen Behörden. Reaktoren seien nicht betroffen gewesen.
Löschtrupps von russischen Soldaten behindert?
Videobilder einer Livekamera vor Ort zeigten Explosionen und Rauchwolken und später das Eintreffen der russischen Truppen. Nach Angaben der örtlichen Feuerwehr sollen ihre Löschtrupps stundenlang nicht zum Brandort gelassen worden sein, russische Soldaten hätten ihnen den Weg versperrt. Schließlich konnten sie aber das Feuer löschen.
Laut Kiew hätte die russische Seite nun die Kontrolle über das AKW. Allerdings würden die Arbeiten weiter von ukrainischen Angestellten verrichtet.
Selenskyi: Explosion wäre „das Ende Europas“
Selenskyi warnte: Russland wolle offenbar die Atomkatastrophe von Tschernobyl wiederholen. „Wenn es eine Explosion gibt, ist das das Ende von allem. Das Ende Europas“, sagte er.
Viele Expert:innen gaben aber auch deutliche Entwarnung: Ukrainische Horrorszenarien, dass eine zehnmal schlimmere Katastrophe als 1986 drohe, seinen „absoluter Unsinnn“, so etwa Atomexperte Jeremy Gordon. Tschernobyl sei damals ohne eindämmenden Schutz gebaut worden, sodass radioaktives Material ungehindert austreten konnte. Die heutigen Meiler seien viel sicherer, würden Beschuss standhalten.
Umweltministerium warnt vor Jodtabletten
Die Angst ist groß: Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko forderte ein sofortiges Eingreifen der NATO. In Deutschland schnellten die Google-Anfragen für Jodtabletten binnen Stunden nach oben – schließlich sollen diese im Katastrophenfall helfen, dass sich radioaktive Stoffe nicht in der Schilddrüse anreichern.
Das Umweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) indes warnte erneut: Nach aktuellem Stand sei die Einnahme nicht nur unnötig, sondern gegebenenfalls sogar gesundheitsschädlich. Man beobachte die Lage weiter.
Die internationale Atomenergiebehörde erklärte, nach ukrainischen Angaben sei rund um Saporischschja keine erhöhte Radioaktivität gemessen worden. Dennoch forderte die Behörde ein sofortiges Ende von Kampfhandlungen nahe von Reaktoren, sonst lauere eine „ernste Gefahr“ für große Landstriche.
Weitere Atomkraftwerke könnten betroffen sein
Neben Saporischschja und dem nicht mehr aktiven Tschernobyl befinden sich zwei weitere Meiler in der Angriffsschneise Russlands.
Lesen sie auch: Kämpfe an AKW, Forderungen nach Nato-Einsatz – die aktuelle Kriegslage im Überblick
Sollte es gezielte Angriffe darauf geben, hält CDU-Chef Friedrich Merz das Eingreifen der Nato für denkbar: „Wenn möglicherweise sogar die Reaktorblöcke getroffen werden sollten, dann sind wir unmittelbar bedroht von den Auswirkungen dieses Krieges“, sagte Merz.
Dann müsse die Nato darüber nachdenken, ob das auch ein Angriff auf das eigene Territorium sei. So weit sei es aber noch nicht, betonte Merz. (km)