Rohingya-Flüchtlinge
  • Allein Hunderttausende Rohingya leben heute staatenlos in ausländischen Flüchtlingslagern oder sie harren mit ihrem Hab und Gut am Strand aus, wie hier in Indonesien.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Zik Maulana

Mehr Menschen auf der Flucht als jemals zuvor

Kriege, Vertreibungen, Naturkatastrophen, die durch den Klimawandel zunehmen: Ende 2020 waren weltweit etwa so viele Menschen auf der Flucht wie Deutschland Einwohner hat – 82,4 Millionen. Im Vergleich zu 2019 ist das ein Anstieg um vier Prozent, im Vergleich zu vor zehn Jahren sogar eine Verdopplung. Und der traurige Rekord könnte schon bald gebrochen werden.

Die weltweite Corona-Krise hat die Lage für Geflüchtete besonders schwierig gemacht. Denn viele – vor allem diejenigen, die von unmittelbarer Gewalt bedroht sind – müssten eigentlich in ein anderes Land fliehen, um sicher zu sein. Aber nur wenige können das, weil viele Länder wegen des Virus ihre Grenzen geschlossen halten.

Viele Grenzen sind wegen Corona geschlossen

So konnten im Jahr 2020 laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR nur rund 34.400 Menschen in 21 Länder umgesiedelt werden – so wenig wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr und etwa ein Drittel weniger als 2019. Eigentlich bräuchten 1,4 Millionen Menschen solche Plätze, so die Vereinten Nationen.

Mehr als 42 Prozent der Flüchtlinge weltweit sind minderjährig. Ihr Anteil an der Weltbevölkerung liegt bei nur 30 Prozent. cloverphoto
Junge Flüchtlinge
Mehr als 42 Prozent der Geflüchteten weltweit sind minderjährig. Ihr Anteil an der Weltbevölkerung liegt bei nur 30 Prozent.

Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen war aus dem eigenen Land vertrieben worden. Wer ins Ausland flüchtete, blieb vor allem in den Nachbarländern. 86 Prozent wurden von Entwicklungsländern aufgenommen. Auch auffällig: Die Geflüchteten sind sehr jung. Während der Anteil von Minderjährigen an der Weltbevölkerung bei etwa 30 Prozent liegt, ist er bei Geflüchteten 42 Prozent.

Filippo Grandi: „Sie verdienen unsere Unterstützung“

„Hinter jeder Zahl steht eine Person, eine Geschichte der Vertreibung, Enteignung und des Leids“, sagte der Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. „Sie verdienen unsere Aufmerksamkeit und unsere Unterstützung, nicht nur durch humanitäre Hilfe, sondern auch dadurch, dass wir eine Lösung für ihre Not finden.“

Filippo Grandi, Chef des Flüchtlingshilfswerks UNHCR sieht nur wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation von Flüchtlingen. picture alliance/dpa/KEYSTONE | Salvatore Di Nolfi
Filippo Grandi
Filippo Grandi, Chef des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, sieht nur wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation von Geflüchteten.

Grandi sieht wenig Anzeichen für eine Verbesserung der Lage. Keine der bestehenden Krisen – Syrien, Afghanistan, Venezuela – sei gelöst. Trotz Aufrufen etwa von UN-Generalsekretär António Guterres, angesichts der globalen Gesundheitsbedrohung durch das Coronavirus Konflikte zu beenden und als Menschheit zusammenzurücken, seien neue Krisen ausgebrochen, etwa in der Tigray-Region Äthiopiens oder im Norden Mosambiks. Die desolate Lage in manchen Ländern – darunter Südsudan, Syrien und die Zentralafrikanische Republik – droht nach UNHCR-Angaben sogar zu einer Hungersnot zu werden.

Aufnahmeländer: Deutschland ist mit am großzügigsten

Mehr als zwei Drittel der ins Ausland Geflohenen kamen aus nur fünf Ländern: Syrien (6,7 Millionen), Venezuela (4 Millionen), Afghanistan (2,6 Millionen), Südsudan (2,2 Millionen) und Myanmar (1,1 Millionen).

Unter den Aufnahmeländern gehört Deutschland zu den großzügigsten: Es bietet aktuell nach den Zahlen des UNHCR 1,2 Millionen Geflüchteten Schutz. Mehr Menschen nahmen nur die Türkei (3,7 Millionen), Kolumbien (1,7 Millionen), Pakistan (1,4 Millionen) und Uganda (1,4 Millionen) auf.

Die Bundesbürger sind zwiegespalten

Die Einstellung der Bundesbürger zu Geflüchteten ist zwiespältig. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos sind mehr als vier von zehn Befragten (42 Prozent) der Ansicht, dass Deutschland seine Grenzen für Geflüchtete derzeit vollständig schließen sollte. Ein Anstieg um drei Prozentpunkte seit dem vergangenen Jahr, der mit der Corona-Pandemie zusammenhängen könnte.

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Aber: 71 Prozent der Bundesbürger halten es generell für richtig, dass Menschen in Deutschland Zuflucht finden können, um Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden. (cmb/dpa)

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