Was taugen Lindners Entlastungspläne? Das sagt ein Hamburger Experte
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat Details zu seinem Steuerplan geliefert, mit dem er laut eigener Aussage 48 Millionen Bürger:innen entlasten möchte – mit gut 10 Milliarden Euro. Doch Kritiker sagen: Davon profitieren überproportional die Gut- und Besserverdiener – und somit die, die ohnehin leichter durch die Krise kommen. Was sagen Experten?
Eine Inflationsrate von über 7 Prozent. Preise, die durch die Decke schießen – vor allem bei Energie und Lebensmitteln. Vielen Haushalten kann da nur mit staatlicher Entlastung oder Bezuschussung geholfen werden. Soweit herrscht parteiübergreifend Einigkeit, auch bei Lindners FDP. Aber: Im Detail gehen die Ideen deutlich auseinander. MOPO sprach darüber mit dem Hamburger Ökonom Professor Thomas Straubhaar.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat Details zu seinem Steuerplan geliefert, mit dem er laut eigener Aussage 48 Millionen Bürger:innen entlasten möchte – mit gut 10 Milliarden Euro. Doch Kritiker sagen: Davon profitieren überproportional die Gut- und Besserverdiener – und somit die, die ohnehin leichter durch die Krise kommen. Was sagen Experten?
Eine Inflationsrate von über 7 Prozent. Preise, die durch die Decke schießen – vor allem bei Energie und Lebensmitteln. Vielen Haushalten kann da nur mit staatlicher Entlastung oder Bezuschussung geholfen werden. Soweit herrscht parteiübergreifend Einigkeit, auch bei Lindners FDP. Aber: Im Detail gehen die Ideen deutlich auseinander. MOPO sprach darüber mit dem Hamburger Ökonom Professor Thomas Straubhaar.
Ärmere Haushalte entlasten: Erfüllt das Paket diesen Zweck?
Der hatte kürzlich selbst der Ampel empfohlen, ärmere Haushalte zu entlasten. Und erfüllt das Paket diesen Zweck? „Nur teilweise“, so Straubhaar zur MOPO, „weil die Abschaffung der kalten Progression eher die mittleren Einkommen betrifft.“
Kalte Progression ist ein Kernthema bei Lindners Plänen. Aber was heißt das? Angesichts der Inflation werden Gehaltserhöhungen ausgehandelt, die die Preissteigerungen abfedern sollen. Problem: Unterm Strich bleibt vielen Haushalten dann die gleiche Kaufkraft – weil ja Preise und Lohn gleichermaßen steigen. Dafür landen sie aber in einer höheren Steuerklasse – was dann doch ein Minus bedeuten kann.
Um den Effekt aufzufangen, will Lindner an der Einkommensteuer drehen. Der Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt wird, soll steigen. Konkret von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden und 10.932 Euro im Jahr 2024. Auch soll der Spitzensteuersatz von 42 Prozent später greifen und das Kindergeld erhöht werden.
Lindner will Grenze für Reichensteuer nicht antasten
Die Grenze für den Reichensteuersatz von 45 Prozent aber will Lindner bewusst nicht antasten, weil er in dieser Einkommensklasse keine weitere Entlastung für nötig halte. Anders als etwa Olaf Scholz (SPD) in seiner Zeit als Finanzminister, der auch Reiche entlastet hätte.
Doch genau an diesem Punkt gibt es Zweifel an Lindners Plänen, am heftigsten vom grünen Koalitionspartner: „Steuersenkungen in Milliardenhöhe, von denen Topverdiener dreimal so stark profitieren, wie Menschen mit kleinen Einkommen, gehen an der Realität vorbei“, so Fraktionsvize Andreas Audretsch.
Prozentual nämlich werden Geringverdiener zwar stärker entlastet als Topverdiener – in absoluten Zahlen sieht das aber anders aus. So soll ein Bürger mit zu versteuerndem Einkommen von 20.000 Euro im kommenden Jahr 115 Euro weniger Steuern zahlen. Bei 60.000 Euro machen die Entlastungen bereits 471 Euro aus. Für noch höhere Einkommen werden sie gedeckelt auf 479 Euro. Gleichzeitig steigen aber etwa die Lebenshaltungskosten NICHT proportional, sondern für alle gleich – ärmere Haushalte sind dadurch doppelt benachteiligt, so Kritiker.
Das könnte Sie auch interessieren: Trumps eigener FBI-Direktor könnte ihn in den Knast bringen
Straubhaar sieht dennoch Lindner im Recht, der sagt, dass von seinem Paket die breite Mitte profitiere: „Er will ja genau aus dem Grund die Grenze der Maximalbesteuerung nicht nach unten setzen.“ Allerdings sagt er auch, dass ärmere Haushalte, die ohnehin keine Steuern zahlen und von Lindners Plänen nicht profitieren, zusätzlich entlastet werden müssten. Etwa durch direkte Geldtransfers, die er für sinnvoller hält als Tankrabatt oder 9-Euro-Ticket.
Der Bund der Steuerzahler begrüßte die Pläne zwar grundsätzlich. Es handle sich aber um kein echtes Entlastungspaket. Die Freibeträge bei der Einkommensteuer müssten per Gesetz ohnehin der Preissteigerung angepasst werden. Und: Das Paket komme 2023 schlicht zu spät.