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Joe Biden, Präsident der USA, sitzt mit Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einem Treffen im Mariinsky-Palast zusammen
  • Die Präsidenten Biden (l.) und Selenskyj während Bidens Besuch in Kiew im Februar. (Archivbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/AP Pool | Evan Vucci

Leck geheimer US-Dokumente: Ukraine muss angeblich Kriegspläne ändern

Dieser Vorfall dürfte die Beziehungen zwischen der Ukraine und den Vereinigten Staaten belasten: Geleakte Geheimdokumente der US-Regierung enthüllen die Schwächen der ukrainischen Streitkräfte. Dazu zeigen sie, wie umfassend offenbar auch die Regierung in Kiew von den USA ausspioniert wird. In Moskau ist die Freude groß.

Unter dem Eindruck veröffentlichter geheimer US-Dokumente hat Russland seinen Krieg gegen die Ukraine auch an Ostern mit massiven Angriffen fortgesetzt. Vor allem die Regionen im Osten und im Süden der Ukraine klagten an den Feiertagen über Raketen- und Artilleriebeschuss von russischer Seite. Es gab Tote und Verletzte, wie ukrainische Behörden mitteilten. Die Führung in Kiew reagierte nach einem Bericht des US-Fernsehsenders CNN verärgert darüber, dass im Internet vertrauliche Informationen zum Kriegsgeschehen auftauchten.

Die US-Geheimdienste durchleuten nicht nur den Gegner

Ein Dokument zeigt demnach, dass die USA auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausspioniert hätten. Die Tatsache an sich sei keine Überraschung, aber ukrainische Beamte seien zutiefst frustriert über das Datenleck, schrieb CNN unter Berufung auf eine Selenskyj nahe stehende Person. Die Ukraine habe bereits einige ihrer militärischen Pläne geändert, berichtete CNN unter Berufung auf das Umfeld Selenskyjs. Das Datenleck trifft die Ukraine in ihren Vorbereitungen auf die erwartete Frühjahrsoffensive.

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Nach Berichten zahlreicher US-Medien belegen die Dokumente, wie tief die Geheimdienste Washingtons auch ihre Verbündeten durchleuchten. Russland sieht die veröffentlichten Dokumente als weiteren Beleg für die Verwicklung der USA und der Nato in den Krieg gegen die Ukraine.

Der Kreml in Moskau verfolgt die Veröffentlichung der geheimen US-Dokumente unter anderem zum Krieg in der Ukraine mit Interesse. „Die Leaks sind einigermaßen interessant, alle studieren, analysieren und erörtern sie breit“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Er wies zurück, dass Russland etwas mit der Veröffentlichung zu tun habe.

Das geleakte Material ist hochbrisant – und teilweise manipuliert

Die „New York Times“ etwa berichtete unter Berufung auf die Dokumente über Schwächen der ukrainischen Flugabwehr. Diese müsse verstärkt werden, um den russischen Angriffen standzuhalten. Die Ukraine fordert seit langem mehr Munition und Waffen.

Unklar ist aber weiter, wer die Unterlagen unter anderem der US-Geheimdienste und des Militärs veröffentlicht hat und ob sie tatsächlich alle echt sind. Analysten hatten teils Manipulationen an den fotografierten Unterlagen nachgewiesen – im Sinne Russlands.

So berichtete CNN unter Berufung auf ein Dokument, dass während des Krieges bisher 43.000 russische Soldaten getötet worden sein sollen. Auf ukrainischer Seite liege die Zahl der Toten bei 17.500, hieß es. In den manipulierten Versionen der Dokumente, die in russischen Kanälen auftauchten, war Experten zufolge die Zahl der getöteten Russen nur halb so hoch, die Zahl der getöteten Ukrainer dagegen höher als in der ursprünglichen Fassung. Offizielle Zahlen gibt es nicht.

US-Stellen bangen seit dem Leck um ihre russischen Informanten

Laut CNN konnte die US-Aufklärung zudem Pläne der russischen Seite für Angriffe gegen die von den Nato-Staaten gelieferten Panzer aufdecken. Mehrere US-Medien berichteten, dass Russland wegen der abgefangenen Informationen nun Kommunikationswege ändern könnte, um seine Pläne zu verdecken. US-Stellen befürchten demnach auch, dass Informationsgeber in den russischen Reihen in Gefahr sein könnten.

Abgefangene Informationen auf ukrainischer Seite könnten laut CNN dazu geführt haben, dass die USA dem Land keine Raketen mit größerer Reichweite liefern, um etwa Angriffe Kiews auf russisches Staatsgebiet zu verhindern. Demnach soll Präsident Selenskyj laut einem Dokument vorgeschlagen haben, russische Stellungen im Gebiet Rostow zu beschießen. Dabei sollten Drohnen eingesetzt werden.

In einer am Ostersonntag verbreiteten Videobotschaft äußerte Selenskyj die Hoffnung, dass es in einem Jahr in der Ukraine Frieden gibt. Jeder christliche Feiertag lehre sein Land, dass das Böse besiegt werden könne. „Wir bringen die Niederlage des Bösen näher.“ Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen seit mehr als 13 Monaten an. Am Montag gab es auch einen neuen Gefangenenaustausch der Kriegsparteien. Die Ukraine erhielt 100 ihrer Kämpfer zurück, Russland 106 Soldaten.

Selenskyj bezeichnet Russland in Ansprache als „Terrorstaat“

Viele Christen in der Ukraine feierten Ostern an den Tagen wie sie im Westen üblich sind. Allerdings richten sich große Teile der Bevölkerung nach dem alten Kalender der russisch-orthodoxen Kirche, die das Fest erst am kommenden Sonntag begeht. Selenskyj beklagte, dass der „Terrorstaat“ Russland den Sonntag mit neuen Raketenschlägen gegen die Ukraine begangen habe. In der Stadt Saporischschja im Süden der Ukraine schlug nach Angaben des Präsidenten eine Rakete in einem Wohnhaus ein. Ein Mann und ein elf Jahre altes Mädchen seien dabei ums Leben gekommen.

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Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Angaben des Generalstabs in Kiew seit Ostersonntag rund 60 russische Angriffe abgewehrt und auch sechs Drohnen abgeschossen. Am aktivsten sei der Gegner im Raum Donezk im Osten, teilte der Generalstab am Montag in Kiew mit. Betroffen von massivem Artilleriebeschuss war zudem etwa die Stadt Cherson im Süden.

Der Schwerpunkt der Kämpfe liegt den Angaben zufolge weiter in der Stadt und im Raum Bachmut im Gebiet Donezk. Der Kommandeur der ukrainischen Streitkräfte im Osten, General Olexander Syrskyj, warf Russland vor, dort – wie zuvor in Syrien – zu einer „Taktik der verbrannten Erde“ übergegangen zu sein.

Ukrainischer General: „Die Lage ist schwierig, aber unter Kontrolle“

„Es werden mit Luftschlägen und Artilleriefeuer Gebäude und Stellungen zerstört. Die Lage ist schwierig, aber unter Kontrolle“, sagte Syrskyj am Montag. Die ukrainischen Truppen hätten es geschafft, die Einheiten der russischen Privatarmee Wagner abzunutzen, so dass der Feind nun gezwungen sei, Spezialtruppen der regulären russischen Streitkräfte einzusetzen. Auf Fotos und Videos waren ausgebrannte Häuserskelette und Trümmerberge eingestürzter Gebäude zu sehen.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte dagegen zuletzt gesagt, dass seine Einheiten in der Stadt vorankämen. Er sprach von einer Schwächung der ukrainischen Einheiten auch durch den Wegfall von Versorgungswegen. Die ukrainische Führung hatte stets betont, die strategisch wichtige Stadt Bachmut nicht aufzugeben, um einen weiteren Durchbruch der russischen Truppen ins Landesinnere zu verhindern. Russland verfolgt in dem Krieg unter anderem das Ziel, die gesamte Region Donezk einzunehmen. (mp/dpa)

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