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  • Kundgebung der Kleinstpartei „Freie Sachsen“ in Heidenau
  • Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Kommt der Wut-Winter? Forscher rechnet mit Sachsen als Protest-Hotspot

Flüchtlinge, Corona und nun die Energiepreise? Im Herbst droht erneut Protest auf den Straßen aufzuflammen, warnt der Sozialforscher Piotr Kocyba. Sachsen könnte dabei einmal mehr zum Hotspot werden.

Angesichts der drohenden Energiekrise und hoher Inflation erwartet der Sozialforscher Piotr Kocyba für den Herbst eine neue, heftige Protestwelle. „Sachsen wird hierbei ein Hotspot sein“, sagte der Chemnitzer Protestforscher der Deutschen Presse-Agentur. Schon jetzt heizten Akteure wie die rechtsextremen Freien Sachsen und die Identitäre Bewegung in sozialen Netzwerken die Stimmung an. Auch die Linke will Bürger zu Demonstrationen gegen die geplante Gasumlage auf die Straße rufen. In seiner Sommerpressekonferenz hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf eine entsprechende Frage gesagt, er glaube nicht, dass es zu Unruhen komme.

Forscher fürchtet keine brennende Autos und Barrikaden

Unruhen im Sinne von Barrikaden in den Städten und brennenden Autos sehe er ebenfalls in Deutschland nicht heraufziehen, erklärte Kocyba. Allerdings rechne er mit einer weiteren Radikalisierung Protestierender im Ton bis hin zu Gewaltfantasien sowie im Umgang mit Sicherheitsbehörden. Sollte die Krise länger dauern, sei auch nicht ausgeschlossen, dass sich terroristische Gruppen gründeten, wie es zu Zeiten der Proteste gegen Flüchtlinge etwa in Freital der Fall war.

Einen Vorgeschmack auf kommende Proteste und ihre Radikalisierung gebe das jüngste Geschehen in Heidenau bei Dresden, erklärte Kocyba, der an der TU Chemnitz arbeitet und dem Vorstand des Berliner Instituts für Protest- und Bewegungsforschung angehört. Dort wollten die Freien Sachsen bei einer Kundgebung einen inszenierten Prozess gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf die Bühne bringen. Das Verbot der Versammlungsbehörde war später von Gerichten bestätigt worden. Kocyba: „Das war eine ganz bewusste Provokation und Grenzüberschreitung wie sie typisch ist für die äußerste Rechte.“

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Der sächsische Verfassungsschutz hatte jüngst erklärt, den Rechtsextremen sei mit dem Thema Energiekrise bisher noch kein durchschlagender Mobilisierungserfolg gelungen. Extremistische Parteien wie die Freien Sachsen versuchten aber von sozialen Abstiegsängsten der Bürger zu profitieren.

In Sachsen gingen vergangenen Winter vielerorts allwöchentlich Tausende auf die Straße, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Nach Einschätzung Kocybas könnten die Proteste im Herbst ein ähnliches Ausmaß erreichen. Das hänge davon ab, wie stark die Energiepreise tatsächlich steigen und ob mögliche Einschränkungen der Gasversorgung Verbraucher treffen. Sachsen sieht Kocyba auch künftig als Brennpunkt, weil sich hier in den vergangenen Jahren feste Protestmilieus etabliert hätten. (mp/dpa)

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