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Putin
  • Russlands Präsident Wladimir Putin.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Vahid Salemi

„Kolossale Probleme“: So hart wirken die Sanktionen gegen Russland

Mehr als 10.000 verschiedene Sanktionen haben die USA und die EU und andere westliche Länder nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine gegen Russland verhängt. Einige davon sind widersprüchlich, inkonsequent oder lückenhaft. Und trotzdem: In ihrer Gesamtwirkung treffen sie die russische Wirtschaft bereits jetzt hart. Selbst Wladimir Putin muss das eingestehen.

Was haben AfD-Chef Tino Chrupalla und Sahra Wagenknecht (Linke) gemeinsam? Beide machen gegen die Russland-Sanktionen mobil. Ihr Argument: Sie schaden uns selbst mehr als Russland. Auch wenn die Inflationsrate im Deutschland zuletzt wieder zwei Mal hintereinander leicht gesunken ist – ohne Frage gibt es erhebliche Belastungen.

Yale-Forscher: Sanktionen wirken „verheerend“

Allerdings ist die Behauptung, die russische Wirtschaft werde von den Sanktionen kaum getroffen, „schlicht eine Lüge“, wie ein Forscherteam der Yale-Universität nun erklärte. Vielmehr wirkten sich die Sanktionen des Westens „verheerend“ aus.

Das Forscherteam hat bei seiner Untersuchung weniger auf die offiziellen Zahlen aus Russland gesetzt, sondern internationale Handelspartner Russlands und Rating-Agenturen befragt und eigene Berechnungen zum Pro-Kopf-Konsum vorgenommen. Ihr Ergebnis: Seit Start der Sanktionen (etwa Mitte März) ist das russische Bruttoinlandsprodukt um 40 Prozent zurückgegangen.

Produktion in Russland ist fast zum Stillstand gekommen

Vor allem zwei Problemfelder haben die Forscher identifiziert: Die Produktion sei praktisch „zum Stillstand gekommen“. Oft weil Teile aus dem Westen fehlen. So ist beispielsweise die Produktion von Trucks um 39 Prozent zurück gegangen, die von Kühlschränken sogar um 58 Prozent. Für den militärischen Sektor sind keine Zahlen bekannt. Die unterliegen in Russland strenger Geheimhaltung.

Und: Russland habe aktuell nicht die Kapazitäten „verlorene Firmen, Produkte und Talente“ zu ersetzen. Sowohl das Import- als auch das Exportgeschäft leiden unter den Sanktionen. Mehr als 1000 ausländische Firmen haben das Land seit Kriegsbeginn verlassen. Dazu kommen nach Schätzungen etwa 70.000 IT-Spezialisten. Im Ausland sind bisher russische Vermögenswerte von mehr als 13,8 Milliarden Euro eingefroren worden.

Russen rechnen selbst mit einem Minus von 10,4 Prozent

Die russische Zentralbank rechnet für 2022 mit einem Minus der eigenen Wirtschaftsleistung von 10,4 Prozent. Zum Vergleich: Die EU wird trotz Sanktionen den Prognosen nach ein Plus von 2,4 Prozent erreichen. In Deutschland wird auch noch mit einem Wirtschaftswachstum von immerhin 1,3 Prozent gerechnet. Wagenknecht und Chrupalla könnten diese Zahlen eigentlich kennen.

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Putin selbst hat eingestanden, dass die Sanktionen Russland hart treffen. Der „wirtschaftliche Blitzkrieg“ des Westens verursache eine „kolossale Menge an Schwierigkeiten“, hatte der Kreml-Herrscher kürzlich erklärt. Aber man werde „intensiv und kompetent“ nach neuen Lösungen suchen.

Der Rubel wird mit allen Tricks gestützt

Bisher reagiert Putin mit massiven staatlichen Subventionen auf das entstandene wirtschaftliche Chaos. Das reiße ein enormes Loch in den russischen Staatshaushalt, schreiben die Yale-Forscher. „Um die Finanzen des Kreml steht es sehr viel schlechter als bislang angenommen.“

Russlands wichtigstes Symbol der wirtschaftlichen Stärke ist der Rubel. Der ist bisher tatsächlich erstaunlich stabil. Das liegt daran, dass die russische Zentralbank einige „Tricks“ zur Anwendung bringt: ein deutlich erhöhter Leitzins zählt genauso dazu wie der Zwang, bei Exporten und Importen einen Teil der Erträge in Rubel umzutauschen. Das erhöht die Nachfrage und stabilisiert die Währung.

Zusammenbruch wohl nur bei totalem Embargo

Dass Russlands Wirtschaft nicht total zusammengebrochen ist, liegt auch an den Einnahmen, die der Kreml durch die Energie-Exporte nicht zuletzt nach Deutschland erzielt. Die meisten Experten gehen davon aus, dass dies auch nicht eintreten wird, solange es kein komplettes Embargo gibt.

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