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Luisa Neubauer
  • Luisa Neubauer fordert einen Kohleausstieg bis 2030 – und widerspricht Greta Thunberg. (Archivfoto)
  • Foto: picture alliance/dpa | Paul Zinken

Klima-Klatsche für die Ampelmacher

Am Donnerstagnachmittag beginnen die Koalitionsverhandlungen. Schneller als von vielen erwartet. Und mit einem „Sondierungspapier“ als Richtlinie, auf das sich SPD, Grüne und FDP erstaunlich lautlos geeinigt haben. Jedoch: In besagtem Papier deuten sich Konfliktlinien an. Der Umgang mit denen wird darüber entscheiden, ob der Ampel-Herbst ein goldener wird. Oder ein stürmischer mit ungewissem Ausgang.

Als ausgerechnet Friedrich Merz (CDU) vor ein paar Tagen lobende Worte für das Sondierungspapier fand („beachtlich“), da dürfte den meisten endgültig klar geworden sein: So ganz kann das nicht stimmen mit dem „strammsten Linkskurs“ seit Langem, den Merz’ Parteikollege Ralph Brinkhaus immer noch propagiert. Gesellschaftspolitisch – vielleicht. Wirtschaftlich? Wohl kaum.

Lanz zu Habeck: „Was ist da schief gelaufen?“

Und so fragte Markus Lanz seinen Gast Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend: „Was ist da schiefgelaufen, Herr Habeck?“ Er spielte auf den Eindruck an, den viele zuletzt hatten: Dass die FDP sich in den Sondierungen in vergleichsweise vielen Punkten durchgesetzt hat. Sicher, wenn so unterschiedliche Partner zusammenfinden müssen, sind Kompromisse nötig. Unterm Strich, so Habeck, habe die FDP „den größten Weg“ zurückzulegen in dieser Dreierkonstellation. Da müsse man auch auf sie zugehen.

Dennoch werden sich vor allem Grünen- und SPD-Wählende fragen, warum Tempolimit oder Vermögenssteuer so schnell abgeräumt wurden. Und Menschen, die FDP wählten, warum sie 12 Euro Mindestlohn bekommen. Habeck versuchte es sinngemäß so zu erklären: Am Ende müsse eben für jeden etwas dabei sein, damit alle zufrieden sind. Ein Tempolimit von 145 als Kompromiss brächte keinem etwas. Aber so hätte wenigstens die FDP-Klientel etwas davon.

Klima, soziale Gerechtigkeit und Finanzierung?

Aber stimmt das? Fakt ist: An mindestens drei Punkten hakt es gewaltig in dem Papier. Da wäre erstens das grüne Kern-Thema Klimaschutz. „Fridays for Future“ haben gestern angekündigt, dass ihr Klimastreik am Freitag unter dem Motto läuft: #IhrLasstUnsKeineWahl. Und sich mit den unzureichenden Plänen der Ampel befasst. Luisa Neubauer wetterte: „Ein ,Weiter so‘ in ökoliberal ist zum Scheitern verurteilt.“ Viel zu vage seien die Äußerungen des Papiers, das 1,5-Grad-Ziel könne so niemals erreicht werden.

Auch von links kommt Kritik. Das zweite problematische Thema nämlich: soziale Gerechtigkeit. SPD und Grüne waren hier mit ambitionierten Programmen ins Rennen gegangen. Wenig davon scheint übrig zu sein. Katja Kipping (Linke) setzt sich humoristisch damit auseinander, veröffentlichte auf Social Media eine „Übersetzungshilfe Ampel – Deutsch“. Etwa die Einführung eines „Bürgergeldes“ statt Hartz IV, aber weiter mit „Mitwirkungspflichten“: „Raider heißt jetzt Twix, ansonsten ändert sich nix“, schreibt Kipping. Auch dass keine Vermögen besteuert werden und Reichtum nicht umverteilt wird, werde zu einer weiteren Verschärfung der sozialen Schere führen.

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Und dann wäre da drittens noch die Finanzierbarkeit. Ein Mehrbedarf von 50 Milliarden Euro pro Jahr für „Zukunftsausgaben“ (Baerbock), aber keine Steuererhöhungen? SPD und Grüne nannten zuletzt zwar kreative Lösungen. Ex-Finanzminister Hans Eichel (SPD) empfahl „einen großen Schluck aus der Pulle“, so lange die Schuldenbremse 2022 dank Corona faktisch außer Kraft gesetzt ist. Andere empfahlen eine Kreditfinanzierung von staatlichen Investitionen durch öffentliche Unternehmen wie die Bahn. „Es wird keine Umgehung der Schuldenbremse geben, in welcher Form auch immer“, schob dem FDP-Vize Wolfgang Kubicki direkt einen Riegel vor.

Das klingt dann doch eher nach Sturm als nach goldenem Herbst.

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