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Baerbock
  • Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.
  • Foto: picture alliance/dpa | Felix Schröder

Katastrophenschutz mangelhaft! Was Politiker und Experten jetzt fordern

Seit der Elbe-Flut aus dem Jahr 2002 schien Deutschland wie auf einer Insel der Glückseligen zu leben: Schlimme Naturkatastrophen? Fanden woanders statt. Auch deswegen stand Katastrophenschutz die vergangenen Jahre nicht oben auf der Agenda. Hätten die mehr als 150 Todesopfer im Westen Deutschlands verhindert werden können? Nach dem ersten Schock fordern Politiker:innen und Expert:innen nun, dass gehandelt wird.

Allein im Kreis Ahrweiler starben Stand Montagmittag 117 Menschen. Rund 750 Menschen wurden verletzt, die Trinkwasserversorgung könnte monatelang gestört bleiben. Im Landkreis befindet sich unter anderem ein Schulungszentrum des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit Hauptsitz in Bonn. Das war als Konsequenz aus der Elbe-Erfahrung im Jahr 2004 eingerichtet worden, eigentlich um Handeln bundesweit besser zu koordinieren.

Katastrophenschutz-Behörde ein zahnloser Tiger?

Hat die Behörde in den vergangenen Tagen versagt? Ist sie ein zahnloser Tiger, da Maßnahmen primär vor Ort greifen? Unter anderem im ZDF wehrte sich BBK-Chef Armin Schuster gegen solche Vorwürfe. „Unsere Warninfrastruktur hat geklappt im Bund“, sagte er. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) habe auch relativ früh gewarnt, so genau dies eben gehe. Er gab aber auch Probleme zu und nannte Handlungsbedarf in verschiedenen Punkten.

Zwar würden neun Millionen Menschen ihre NINA-Warn-App nutzen. Dennoch müsse künftig wieder ein Warn-Mix greifen, digitale Systeme seien eben auch anfällig: „Und deswegen wollen wir auch die gute alte Sirene zurückhaben“, so Schuster im Deutschlandfunk. Die waren vielerorts nach dem Kalten Krieg abgebaut worden, funktionieren teils nicht mehr.

Nicht jedes Gebiet ist zum Bauen geeignet

Außerdem müssten laut Schuster Behörden und Bevölkerung Warnungen auch ernst nehmen. Dies sagen auch viele Geograph:innen schon länger: Nicht überall, wo Menschen bauen, sei ihnen bewusst, welche Gefahren lauerten. Und Flüsse in engen Tälern könnten sich bei Starkregen-Ereignissen eben deutlich schneller aufstauen. Das Wasser entwickele dann eine zerstörerischere Kraft, als dies beispielsweise bei der Elbe der Fall sei. Auch 2002 fanden die spektakulären Helikopter-Rettungen an Nebenflüssen wie der Müritz statt.

BBK-Chef Schuster gab im ZDF zu, dass seine Behörde Risikokartierungen nur für größere Gewässer parat habe, nicht aber für die kleinen Nebenflüsse. Was also ist zu tun?

Baerbock fordert mehr Kompetenzen für den Bund

Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock forderte in einem „Spiegel“-Interview, die Kompetenzen des Bundes zu stärken. Tatsächlich ist Katastrophenschutz bislang natürlich primär Sache der Kommunen, findet vor Ort statt. Und die Aufgaben des BBK beschränken sich nahezu auf die Warnsysteme und THW-Koordinierung. Außerdem forderte Baerbock: Soforthilfen vor Ort, ein Bauverbot in Hochwasser-Risikogebieten (das vor allem die Union blockiere) und natürlich mehr Klimaschutz.

Ob der Klimawandel tatsächlich für häufigere Hochwasser-Ereignisse sorgen wird? Expert:innen schließen dies nicht aus. Der Deutsche Wetterdienst sieht in der aktuellen Situation zwar keinen Beleg für den Klimawandel, wie jüngst sogar Innenminister Horst Seehofer (CSU). Die Rechen-Modelle ließen aber vermuten, dass sich die Fälle häufen werden. Allerdings ist auch klar: Hochwasser hat es schon immer gegeben, genau wie Starkregen-Ereignisse. Und gegen die sollte man sich in jedem Fall wappnen.

Seehofer: „Ganz billige Wahlkampf-Rhetorik!“

Apropos Horst Seehofer: Anders als Baerbock betonte der die Wichtigkeit des Föderalismus in Sachen Katastrophenschutz. „Zentralismus verbessert hier gar nichts“, erwiderte er die Vorschläge der Grünen und der FDP, die eine Sondersitzung des Innenausschusses mit Seehofer, BBK und THW beantragt hatte. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer hatte gar von „Systemversagen“ gesprochen. Seehofer nannte solche Vorwürfe „ganz billige Wahlkampfrhetorik“.

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Parteikollege und Bayern-Landesfürst Markus Söder indes forderte einen „Klima-Ruck in Deutschland“. Der wird so oder so gebraucht, aber nun wird zumindest auch über einen verbesserten Katastrophenschutz debattiert.

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