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Olaf Scholz im Krisengebiet
  • Auch Olaf Scholz (SPD) hat sich bei seinem Besuch im Krisengebiet ablichten lassen.
  • Foto: (c) dpa

Jahrhundert-Katastrophe: Die Flut und der Wahlkampf

Werden das die wichtigsten Auftritte ihrer Karriere? Nach der Flutkatastrophe mit mehr als 100 Toten haben Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) das Unglücksgebiet besucht. Die Situation ist auch eine Chance für sie, sich als Krisenmanager zu beweisen – schließlich ist in rund zweieinhalb Monaten Bundestagswahl und beide wollen Kanzler werden. Doch damit bewegen sie sich auf einem schmalen Grat.

Seine Besuche im Katastrophengebiet hätten mit dem Wahlkampf nichts zu tun, erklärte Armin Laschet am Donnerstag, als er die überfluteten Orte Altena und Hagen besuchte. „Das ist keine Frage, mit der man Bilder erzeugen will.“ Der Besuch in Altena war der Presse nicht angekündigt. Das ist Laschets Weg aus der Zwickmühle: Einerseits muss er als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (NRW) Präsenz zeigen. Andererseits kann ihm vorgeworfen werden, sich für die Bundestagswahl profilieren zu wollen.

Armin Laschet und Olaf Scholz – werden sie im Wahlkampf von ihren Auftritten profitieren?

Bilder gibt es natürlich trotzdem: Laschet in Gummistiefeln, Laschet mit Betroffenen – unter anderem auf dem Twitter-Account der Staatskanzlei NRW. Von Bild-TV ließ Laschet sich direkt im Hochwassergebiet interviewen. Und so wie die von ihm angekündigten Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer werden auch die Bilder auf Wähler wirken.

„Alles, was im Wahlkampf Aufmerksamkeit erzeugt, ist für die Kandidaten erstmal gut“, sagt Kai-Uwe Schnapp, Politikwissenschaftler an der Uni Hamburg, zur MOPO. Präsentiere sich Laschet nun als jemand, der Aktion zeigt, könnte ihm das im Wahlkampf helfen.

Entscheidender Auftritt: Gerhard Schröder in 2002

Dass sich gerade der Umgang mit Naturkatastrophen auszahlen kann, hat Gerhard Schröder 2002 im Elbe-Hochwasser gezeigt. Sein Auftritt in Gummistiefeln gilt als entscheidend dafür, dass der SPD-Politiker wiedergewählt wurde. Ganz zu vergleichen sind die Situationen laut Schnapp aber nicht: „Schröder war amtierender Bundeskanzler“, erklärt er. „Laschet tritt nun als Ministerpräsident auf. Er muss es jetzt schaffen, die Ebene vom Landesvater zum Kanzlerkandidaten zu wechseln.“

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Und Olaf Scholz? Auch der SPD-Kanzlerkandidat besuchte mit der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, das Hochwassergebiet. Dabei habe er sich geschickt positioniert, so Schnapp, für finanzielle Hilfen sei Scholz als Bundesfinanzminister mitverantwortlich. Vieles, was die SPD in der Großen Koalition erreicht habe, schrieben die Wähler der Union zu. „Olaf Scholz will mit so einem Auftritt auch aus dem Schatten von Angela Merkel und der Großen Koalition heraustreten“, sagt Schnapp. „Ob ihm das gelingen wird, ist sehr schwer einzuschätzen.“

Doch neben den beiden Spitzenkandidaten rückt die Katastrophe auch den Klimawandel verstärkt in den Fokus des Wahlkampfs – und das könnte besonders den Grünen in die Hände spielen. „Auch nach dem Unglück am Atomkraftwerk Fukushima haben mehr Menschen die Grünen gewählt“, so Schnapp.

Grüne: Annalena Baerbock besuchte Katastrophengebiet noch nicht

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock fuhr am Freitag nach Mainz, um das Krisengebiet zu besuchen – ohne Pressebegleitung und öffentliche Auftritte. Die Lage sei zu ernst, um sie für den Wahlkampf zu nutzen, lautete es aus Parteikreisen. „Oppositionspolitiker haben es in solchen Situationen sehr schwer, das Richtige zu tun“, erläutert Schnapp. Wenn sie den Unglücksort meiden, wird ihnen unterstellt, sich nicht zu kümmern – was sie wegen der fehlenden Exekutivgewalt aber ohnehin nicht können. Wenn sie hingegen zum Katastrophenort reisen, wird ihnen vorgeworfen, es nur wegen der Aufmerksamkeit zu tun. „Mitgefühl zu äußern, aber von einem Besuch abzusehen, ist vermutlich die beste Taktik für Baerbock“, meint der Wissenschaftler.

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Laut Schnapp klingen die Effekte, die solche Katastrophen für die Kandidat:innen haben können, häufig schneller ab als das Interesse an den Themen – und gerade beim Thema Klimapolitik gerät CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet – nicht zum ersten Mal – in die Defensive. „Nur weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik“, erklärt er etwa am Donnerstag dem WDR in einem Interview.

Wird Laschet seinen Vorsprung, den er derzeit in den Umfragen auf Scholz und Baerbock hat, also noch verspielen? Das sei schwer einzuschätzen und bis zur Wahl im September könne noch einiges passieren, so Schnapp. „Es bleibt ein spannendes Rennen ums Kanzleramt.“

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