Ein Mann geht an einem zerstörten Haus in Mariupol vorbei. Eine UN-Expertin geht von Tausenden toten Zivilisten in der Stadt aus.

Ein Mann geht an einem zerstörten Haus in Mariupol vorbei. Eine UN-Expertin geht von Tausenden toten Zivilisten in der Stadt aus. Foto: picture alliance/dpa/AP | Alexei Alexandrov

„Großes schwarzes Loch“: Expertin geht von Tausenden toten Zivilisten in Mariupol aus

Düstere Befürchtung: In Mariupol sind nach Überzeugung der UN-Menschenrechtsbeauftragten in der Ukraine Tausende Zivilisten ums Leben gekommen. Bislang konnten die Fälle jedoch noch nicht bis ins Detail dokumentiert werden.

Matilda Bogner, Leiterin der Kommission, die die Menschenrechtslage in der Ukraine seit 2014 untersucht, sagte am Dienstag in Genf, es werde an der Dokumentation gearbeitet. Daran werde aber gearbeitet. „Mariupol ist das große schwarze Loch“, sagte Bogner. „Wir gehen davon aus, dass es dort Tausende Tote gab, Zivilisten, die wegen der Kämpfe umgekommen sind.“

Ihr Team von knapp 60 Expertinnen und Experten habe Büros im ganzen Land. Es habe seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar zahlreiche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Darunter könnten auch Kriegsverbrechen sein, sagte sie.

Team von UN-Expertin hat bisher 4000 Todesfälle dokumentiert

„Menschen berichten uns, dass Verwandte, Nachbarn und Freunde getötet, verletzt und festgenommen wurden und einige verschwunden sind“, sagte Bogner. Sie berichtete von einer fünfköpfigen Familie, von denen drei Angehörige bei der Flucht im Auto von russischen Soldaten erschossen worden seien.

Ein 70-jähriger Mann habe von seinem Zufluchtsort im Keller einer Schule berichtet, der so überfüllt gewesen sei, dass er im Stehen schlafen musste und sich an ein Geländer band, um nicht umzufallen. Ihr Team habe bislang knapp 4000 Todesfälle dokumentiert, sagte Bogner. Die wahre Zahl liege um Tausende höher.

Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.

Menschenrechte würden auch verletzt, wenn Alte und Kranke keine medizinische Versorgung hätten, so Bogner. In einem Dorf seien etwa zehn ältere Menschen im Keller einer Schule gestorben, weil sie dort teils Wochen ausharren mussten und nicht versorgt werden konnten. Es gebe anhaltende Berichte über Vergewaltigungen, überwiegend von Mädchen und Frauen, aber auch Jungen und Männern.

Mindestens 204 Menschen seien gegen ihren Willen verschleppt worden, darunter 169 Männer, 34 Frauen und ein Junge, sagte Bogner. Täter seien fast ausschließlich russische Soldaten und mit ihnen verbündete Gruppen etwa in der Ostukraine gewesen.

Das hier könnte Sie auch interessieren: Alle Frauen und Kinder aus Stahlwerk in Mariupol evakuiert

Bogner kritisierte, dass sowohl ukrainische als auch russische Streitkräfte Schulen als Basis für ihre Einsätze nutzen und dort auch schwere Waffen lagern. (alp/dpa)

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test