Bundespolizisten bei Kontrollen hinter der deutsch-polnischen Grenze.

Bundespolizisten bei Kontrollen hinter der deutsch-polnischen Grenze. Foto: picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Gericht entscheidet: Zurückweisung Asylsuchender hinter der Grenze rechtswidrig

Kurz nach seinem Amtsantritt ordnet Innenminister Dobrindt an, dass auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Die Regelung ist umstritten. Nun entscheidet ein Gericht.

Die Zurückweisung von Asylsuchenden bei Grenzkontrollen auf deutschem Gebiet ist nach einer Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts rechtswidrig. Ohne Durchführung des sogenannten Dublin-Verfahrens dürfen sie nicht abgewiesen werden, entschied das Gericht. Im konkreten Fall ging es um drei Somalier, die nach der neuen Regelung am 9. Mai von Frankfurt (Oder) aus nach Polen zurückgeschickt wurden. 

Nach Angaben einer Gerichtssprecherin handelt es sich um die erste gerichtliche Entscheidung zu der Neuregelung von Innenminister Alexander Dobrindt. Der CSU-Politiker hatte wenige Stunden nach seinem Amtsantritt Anfang Mai eine Intensivierung der Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. 

Zurückweisung: Somalier rufen Gericht an

Im vorliegenden Fall ging es um zwei Männer und eine Frau aus Somalia, die mit dem Zug aus Polen nach Deutschland reisten. Am 9. Mai wurden sie am Bahnhof Frankfurt (Oder) durch die Bundespolizei kontrolliert. Nachdem sie ein Asylgesuch geäußert hatten, wurden sie noch am selben Tag nach Polen zurückgewiesen. Die Bundespolizei begründete die Zurückweisung laut Gericht mit der Einreise aus einem sicheren Drittstaat. 

Dagegen wehrten sich die Betroffenen per Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Die Beschlüsse sind nach Gerichtsangaben unanfechtbar.

Gericht: Nicht auf Ausnahmezustand berufen

Nach den EU-Bestimmungen der Dublin-Verordnung darf die Bundespolizei Asylbewerber nicht einfach an der Grenze zurückweisen. Vielmehr müssen die deutschen Behörden ein kompliziertes und in der Praxis oft schlecht funktionierendes Verfahren in Gang setzen, um sie an den zuständigen EU-Staat zu überstellen – also dorthin, wo sie in die EU eingereist sind. 

Aus Sicht des Gerichts kann sich die Bundesrepublik nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage unangewendet bleiben dürfe. Insbesondere könne sich die Regierung nicht auf eine „nationale Notlage“ – also eine Art Ausnahmezustand – berufen, hieß es. Dies habe die Regierung im Verfahren getan, sagte eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage. Das Gericht erklärte, es fehle dafür „an der hinreichenden Darlegung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“.

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Die Bundesrepublik sei nach der Verordnung verpflichtet, bei Asylgesuchen, die auf deutschem Staatsgebiet gestellt werden, in jedem Fall das vorgesehene Verfahren durchzuführen.

Die Antragsteller können nach Darlegung des Gerichts allerdings nicht verlangen, über den Grenzübertritt hinaus in das Bundesgebiet einzureisen. Denn nach der Dublin-Verordnung sei es möglich, das Dublin-Verfahren an der Grenze oder im grenznahen Bereich durchzuführen, ohne dass damit zwangsläufig eine Einreisegestattung verbunden sein müsse, hieß es vom Gericht. (dpa)

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