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Robert Habeck
  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
  • Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Frieren wir tatsächlich bald für die Freiheit?

Russland stellt die Gas-Lieferungen an Polen und Bulgarien ein. Für Deutschland wirkt das wie eine letzte Warnung. Wie gut wären wir darauf vorbereitet, wenn Putin auch uns den Energiehahn zudreht? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wieso ist Putin diesen Schritt gegangen?

Offiziell begründet der Kreml den Lieferstopp mit der Weigerung der EU-Staaten, Gas und Öl in Rubel zu bezahlen. Allerdings dürfte es sich wohl eher um eine Antwort auf den jüngsten Beschluss vieler Staaten handeln, die Ukraine mit mehr Waffen zu beliefern.

Was bedeutet das für die betroffenen Staaten?

Polen war darauf vorbereitet. Das Land versucht seit Jahren seine Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern. Dafür wurden u.a. Terminals für Flüssiggas gebaut. Zudem sind die Erdgasspeicher des Landes gut gefüllt. Schwieriger ist die Situation in Bulgarien, dem ärmsten Land der EU. Es deckt 90 Prozent seines Bedarfs durch Russland. Ministerpräsident Kyril Petkow beruhigte die Bevölkerung: „Es gibt einen klaren Plan. Die europäische Antwort wird eine gemeinsame sein“, erklärte er. Das Land kann z.B. verstärkt Erdgas aus Aserbaidschan beziehen. Im Juni soll dafür eine Pipeline nach Griechenland fertig gestellt werden.

Wie ist die aktuelle Lage in Deutschland?

Ob wir tatsächlich „für die Freiheit frieren“ müssen (Ex-Bundespräsident Joachim Gauck) wird sich erst im kommenden Winter zeigen. Aktuell gibt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) noch Entwarnung. Die Versorgungslage sei stabil. Die Gasspeicher füllen sich momentan relativ schnell. Der Füllstand liegt bei 33 Prozent. Das liegt aber auch daran, dass die Bundesregierung bereits für 1,5 Milliarden Euro Erdgas auf dem Weltmarkt dazu gekauft hat.


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Wie sind die Aussichten?

Wie es für Deutschland weiter geht, ist unklar. Aus Moskau kommen unterschiedliche Signale. Einerseits erklärt der Kreml, man sei ein zuverlässiger Lieferant von Öl und Gas. Gleichzeitig drohte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, auch andere Länder könnten von einem Lieferstopp betroffen sein. Russland würde dies verkraften, versicherte er: „Alles ist eingerichtet, alle Risiken sind prognostiziert, die entsprechenden Maßnahmen ergriffen.“ Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff rechnet mit einem Lieferstopp auch für Deutschland: „Sobald wir uns dem Punkt nähern, an dem wir von russischen Lieferungen unabhängig sind, muss man mit so etwas rechnen, mit solchen politischen Gesten“, so der Politiker. Davon sollte man sich aber nicht nervös machen lassen. „Wir sind sowieso auf dem Weg, uns von diesen Lieferungen zu verabschieden.“

Welche Strategie verfolgt der Wirtschaftsminister?

Habeck klagte, in diesem Fall sei „Energie als Waffe“ eingesetzt worden, darauf dürfe man nicht unvorbereitet sein. Deshalb sei eine rasche Neuaufstellung der Energie-Infrastruktur so wichtig. Der Wirtschaftsminister machte aber auch klar: „Ein Abriss der Gaslieferungen zum jetzigen Zeitpunkt würde die deutsche Wirtschaft in eine Rezession treiben.“ Die Prognosen schwankten zwischen minus 0,5 und minus 6,5 Prozent Wirtschaftsleistung. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von „Erpressung“ durch Russland.

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Was, wenn der Lieferstopp für Polen und Bulgarien endgültig ist?

Sollte er anhalten und Gas daher knapp werden, müssen zur Not die anderen EU-Staaten einspringen. Die sogenannte SOS-Verordnung von 2017 verlangt, dass zuerst die Industrie abgekoppelt wird, damit Haushalte oder Krankenhäuser weiter heizen können. Das gilt ausdrücklich auch für das Ausland. Heißt: Sind Polens Gasspeicher im Herbst leer, müsste also vielleicht auch die deutsche Industrie auf Gas verzichten, damit der Energieträger zu polnischen Heizkraftwerken umgeleitet werden kann.

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