Faesers Abschiebe-Gesetz: Was es bringt – und was nicht
„Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.“ Mit dieser Kern-Botschaft prangte kürzlich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Titel des „Spiegels“ (MOPO berichtete). Dabei helfen soll ein Gesetz von Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Ihr „Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung“ wurde gestern durchs Kabinett gewinkt. Nun muss das Ganze noch durch Bundestag und Bundesrat. Die Frage aber steht im Raum: Was bringen die Ampel-Ideen eigentlich?
„Wir sorgen dafür, dass Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen“, erklärte Faeser erleichtert nach der Kabinettssitzung. Gerade von grüner Seite dürfte es auch in der Sitzung noch Kritik gegeben haben. Faesers Argumentation aber war: Nur wenn Deutschland Ausreisepflichtige auch konsequent abschiebe, könnten Schutzbedürftige auch weiter aufgenommen werden. Und wie effektiv wird das Ganze nun? Die wichtigsten Fragen.
Was soll sich ändern?
Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll von derzeit zehn auf 28 Tage steigen. Damit sollen Behörden mehr Zeit für die Vorbereitung der Abschiebung bekommen. Auf der Suche nach Abzuschiebenden sollen Beamte laut Entwurf künftig auch Räume Dritter durchsuchen dürfen, wenn vermutet wird, dass sich dort jemand versteckt. Auch Handys und Laptops von Asylsuchenden dürfen künftig leichter ausgelesen und deren Wohnungen durchsucht werden, noch vor der ersten Anhörung zwecks Identitätsfeststellung.
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Ausreisepflichtigen in Haft würde die Abschiebung künftig nicht mehr angekündigt, sondern einfach vollstreckt. Auch Mitglieder krimineller Vereinigungen sollen leichter abgeschoben werden können. Schleusertätigkeiten sollen härter bestraft werden. Und um Behörden zu entlasten, soll der Aufenthalt im Asylverfahren von jetzt höchstens drei auf höchstens sechs Monate steigen, damit sie für die Bearbeitung mehr Zeit haben.
Um wie viele Menschen geht es?
Am 30. Juni waren 279.098 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. Von denen haben aber 224.768 eine Duldung, etwa weil sie kein Ausweisdokument haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind mit Aufenthaltserlaubnis haben. Zwischen Januar und Juni dieses Jahres wurden 7861 Menschen abgeschoben, im Vorjahreszeitraum waren es 6198 – eine Steigerung um gut 21 Prozent. Durch die neuen Maßnahmen sollen es noch einmal fünf Prozent mehr werden.
Woran scheitern Abschiebungen?
Die Gründe sind vielfältig und oft individuell. Bisweilen scheitert es an fehlenden Papieren, oft wollen die Herkunftsländer auch nicht kooperieren. Daher bemüht sich die Regierung um weitere Migrationsabkommen.
Wie geht es weiter?
Als Nächstes befasst sich der Bundestag mit dem Entwurf. Ein Selbstläufer, weil die Ampel über eine Mehrheit verfügt? Eher nicht. Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat bemängelte gestern „unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte“ der Betroffenen. Wird das Gesetz dennoch beschlossen, muss der Bundesrat noch zustimmen, da die Länder direkt betroffen wären. Hier hat Scholz schon mal versucht vorzubauen und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) um Kooperation der unionsgeführten Länder gebeten.
Kritik von links, von rechts und von Juristen:
Ähnlich wie die Grüne Polat kritisierte auch Wiebke Judith von Pro Asyl: Die Ampel opfere die Rechte der Betroffenen dem „rechtspopulistischen Diskurs“. CDU-Innenexperte Alexander Throm begrüßte den Abbau von Hürden für Abschiebungen, betonte aber auch: Der „ungezügelte Zustrom“ müsse verringert werden. Die Chefin des Deutschen Anwaltsvereins, Gisela Seidler, zerlegte den Entwurf in einem „Taz“-Interview: Er sei in Teilen grundrechtswidrig, nicht wie sonst üblich mit Experten abgesprochen und zudem nicht praktikabel. Der erhöhte Bürokratie-Aufwand könne Abschiebungen sogar verhindern, so ihre Einschätzung. (km)