Hass-Schleuder: Der erbitterte Kampf gegen Telegram
Kaum im Amt, nimmt die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Messanger-Dienst Telegram ins Visier. Dieser ist vor allem bei „Querdenkern“ und Verschwörungs-Anhängern beliebt – und ignoriert seit längerem die deutsche Rechtslage. Doch die Hass-Schleuder einzuhegen, wird nicht leicht.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sollte ermordet werden. So plante es zumindest eine Gruppe von Extremisten, die sich bei Telegram abstimmte. Auch der Fackelmarsch vor dem Privathaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) vor einigen Tagen wurde auf dem Messanger-Dienst organisiert. Denn die App hat eine Eigenschaft, die sie bei Mafiosi, Drogendealern, Verschwörungsanhängern aber auch Oppositionellen weltweit beliebt macht.
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Kaum im Amt, nimmt die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Messenger-Dienst Telegram ins Visier. Dieser ist vor allem bei „Querdenkern“ und Verschwörungs-Anhängern beliebt – und ignoriert seit längerem die deutsche Rechtslage. Doch die Hass-Schleuder einzuhegen wird nicht leicht.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sollte ermordet werden. So plante es zumindest eine Gruppe von Extremisten, die sich bei Telegram abstimmte. Auch der Fackelmarsch vor dem Privathaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) vor einigen Tagen wurde auf dem Messenger-Dienst organisiert.
Gewaltaufrufe auf Telegram bleiben ohne Folgen
Auf der Plattform wird immer wieder zu Morden und zu anderen Gewalttaten aufgerufen. Und das bleibt völlig ohne Folgen. Denn die vom Russen Pawel Durow entwickelte App hat eine Eigenschaft, die sie bei Mafiosi, Drogendealern, Verschwörungsanhängern aber auch Oppositionellen weltweit beliebt macht: Behörden können sie nicht ausspähen und Durows Unternehmen hat noch nicht mal eine Postadresse. Anders als bei Facebook oder Twitter werden grundsätzlich keine Beiträge gelöscht.
Faeser will das Problem nun zur Chefsache machen: „Gegen Hetze, Gewalt und Hass im Netz müssen wir entschlossener vorgehen“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Beim Bundesamt für Justiz laufen gegen Telegram zwei Verfahren wegen Verstoßes gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Allerdings reagiert das Unternehmen, das auch in Deutschland mit Werbung Geld verdient, darauf einfach nicht. „Das wird diese Bundesregierung so nicht hinnehmen“, kündigte Faeser an.
Experte warnt vor terroristischen Strukturen
Hintergrund: Individualkommunikation auf Messengerdiensten fällt nicht unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Ausnahme: Öffentliche Kanäle mit Tausenden von Nutzern. Davon gibt es auch bei Telegram viele, für sie gilt das Gesetz eigentlich. „Das bedeutet, dass offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden müssen, rechtswidrige Inhalte innerhalb von sieben Tagen“, so Faeser. Zudem gelte für die öffentlichen Kanäle die Meldepflicht an das Bundeskriminalamt.
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Dass Hass-Schleudern wie Telegram unter Corona-Bedingungen zur Radikalisierung beitragen, ist inzwischen weitgehend unbestritten. In Anbetracht von Anschlägen auf Kliniken oder Impfstellen glaubt der Terrorismusexperte Peter Neumann an eine düstere Zukunft: Er könne sich vorstellen, „dass wir in einigen Monaten tatsächlich möglicherweise von einer terroristischen Kampagne sprechen müssen.“
Buschmann will europaweit einheitliche Regeln
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigt sich besorgt. „Die große politische Herausforderung der nächsten Zeit wird darin liegen, einen überzeugenden und europaweit einheitlichen Rechtsrahmen für soziale Netzwerke zu schaffen“, sagte er.
Ein solcher Rahmen soll durch den so genannten Digital Services Act der EU geschaffen werden. 2022 werden die Beratungen in die heiße Phase gehen. „Diese haben für die neue Bundesregierung hohe Priorität“, versicherte er.