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  • Ein Mann trägt die Leiche eines Kindes, das bei einem Raketenangriff der syrischen Regierung auf die Stadt Balashun in der Region Jabal Al-Zawiya.
  • Foto: (c) dpa

Im Schatten von Afghanistan: Ein Land droht vergessen zu werden

Die internationale Aufmerksamkeit im Nahen und Mittleren Osten gilt derzeit Afghanistan, dem Versagen des Westens im Kampf gegen Terror und Gewalt der Taliban. Dabei ist die Lage in Syrien mindestens genauso schlimm. Zehn Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs liegt das Land am Boden, Putin und Assad bombadieren Zivilisten und Krankenhäuser, während syrische Sicherheitskräfte Rückkehrer vergewaltigen, foltern, ermorden. Einblicke in ein vergessenes Land.

Mindestens 25 Menschen sind seit Dienstag durch russisch-syrische Luft- und Granaten-Angriffe getötet worden – viele von ihnen Frauen und Kinder. Der Beschuss beginnt in den frühen Morgenstunden: Russische Kampfflugzeuge greifen zunächst ein Flüchtlingslager nahe der Stadt Maarat Misrin an. Mehrere Kinder werden unter Trümmern der zusammenstürzenden Unterkunft verschüttet und teils schwer verletzt.

Augenzeuge in Syrien: „Sie wollen uns vertreiben“

Am späten Abend der nächste Angriff auf die Großstadt Idlib – ausgeführt vom Assad-Regime. Mehrere Präzisionsgeschosse treffen die Stadt, fünf Menschen sterben. Am Mittwoch setzten die Autokraten ihre Angriffe auf Zivilisten fort – eine Klinik wird komplett zerstört. Mindestens ein weiterer Mensch stirbt, es gibt acht Verletzte. „Wir leben hier in ständiger Angst vor Assads und Putins Bomben. Sie wollen uns vertreiben“, sagt ein Augenzeuge zur „Bild“.

Die jüngsten Attacken zeigen: Der Krieg in Syrien ist in vollem Gange. Die Menschen vor Ort leiden aber nicht nur unter Artillerie-Beschuss, sondern auch dem syrischen Geheimdienst. Der hat es neben Oppositionellen vor allem auf zurückgekehrte Geflüchtete abgesehen. Ein aktueller Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Inhaftierungen, Folterungen, Vergewaltigungen und das Verschwinden der Geflüchteten bei ihrer Rückkehr nach Syrien aufgedeckt.

2010 endete der deutsche Abschiebestopp nach Syrien

Alle von Amnesty beschriebenen Schicksale betreffen Menschen, die zwischen März 2017 und Frühjahr 2021 von ihrer Flucht in die Heimat zurückkehrten. Mindestens fünf von ihnen starben, 17 gelten als vermisst. Insgesamt führt die Organisation 66 Fälle auf, darunter die von 13 Kindern.

Die zurückgekehrten Syrer berichten Amnesty von schlimmsten Gewaltexzessen. Eine von ihnen ist Alaa. Sie wurde zusammen mit ihrer 25-jährigen Tochter an der syrisch-libanesischen Grenze festgenommen. Fünf Tage hat man sie festgehalten und mit sexualisierter Folter gequält, berichtet sie Amnesty: „Sie zogen meiner Tochter die Kleider aus. Sie legten ihr Handschellen an und hängten sie an die Wand. Sie schlugen sie. Sie war völlig nackt“. Ein 13-jähriger Junge und ein fünfjähriges Mädchen seien vergewaltigt worden, schreibt Amnesty.

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Berichte über solche Gewaltexzesse gab es immer wieder – dennoch endete 2020 der deutsche Abschiebestopp nach Syrien. Begründung: Die kämpferischen Auseinandersetzungen in dem Land würden weniger. Markus N. Beeko, Amnesty-Generalsekretär in Deutschland, widerspricht.

Der Bericht zeigt deutlich, dass Syrien dennoch kein sicheres Land ist. „Es verstößt gegen das Völkerrecht, Menschen in ein Land abzuschieben, in dem sie Gefahr laufen, verschleppt und gefoltert zu werden. Genau das ist aber in Syrien der Fall“, sagt er. Alle Regierungen hätten die Pflicht, geflüchteten Syrern Schutz zu gewähren.

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