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Ukrainische Zivilsten werden aus Mariupol gebracht – bewacht von russischen Soldaten. Nicht alle sind freiwillig gegangen.
  • Ukrainische Zivilsten werden aus Mariupol gebracht – bewacht von russischen Soldaten. Nicht alle sind freiwillig gegangen.
  • Foto: Alexey Kudenko/Sputnik/dpa

Bericht: Russland verschleppt Zehntausende Zivilisten in Lager

Wladimir Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab. Folgerichtig versucht das russische Militär, den Ukrainern systematisch die Lebensgrundlagen zu entziehen – beispielsweise durch den Raub von landwirtschaftlichem Gerät. Doch offenbar werden auch Zehntausende Ukrainer systematisch nach Russland verschleppt. Darunter sollen auch viele Kinder sein.

Die Ukraine wirft Russland schon seit Wochen vor, in so genannten Filtrationslagern Zivilisten zu verhören und sie dann nach Russland zu verschleppen. Offiziell dienen diese Lager dazu, mögliche ukrainische Kämpfer von Zivilisten zu unterscheiden. Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenksyj spricht in diesem Zusammenhang allerdings von „Konzentrationslagern“. „Unter anderem deportieren sie Kinder – in der Hoffnung, dass sie vergessen, wo sie herkommen, wo ihr Zuhause ist“, sagte Selenskyj.

Mehrere Zehntausend oder sogar 1,2 Millionen?

Die Ukraine spricht von 1,2 Millionen Menschen, die aus besetzten Gebieten bereits nach Russland verschleppt worden seien, darunter 200.000 Jungen und Mädchen. Die USA setzen die Zahl aber nicht ganz so hoch an. Michael Carpenter, US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), schätzt die Zahl in einem Bericht „nur“ auf mehrere Zehnttausend. Alleine aus der belagerten Hafenstadt Mariupol seinen Tausende Menschen gewaltsam verschleppt worden.


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Nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin seien die Evakuierungen, die Russland seit Kriegsbeginn durchgeführt hat, nicht auf freiwilliger Basis erfolgt. Es habe sich nicht um humanitäre Korridore gehandelt, die mit der Ukraine vereinbart worden seien. Die Evakuierungen seien unter Ausübung von Zwang erfolgt, bis hin zur Drohung mit Erschießungen.

Genfer Konvention verbietet Deportationen ausdrücklich

Die Genfer Konvention (Artikel 49) verbieten es, „zwangsweise Einzel- oder Massenumsiedlungen sowie Deportationen von geschützten Personen aus besetztem Gebiet“ in das Gebiet der Besatzungsmacht vorzunehmen. Es handelt sich also um Kriegsverbrechen.

Augenzeugen berichten von „brutalen Verhören“ in den Lagern. So soll Menschen dort beispielsweise in die Knie geschossen werden, um an Informationen zu kommen. Ein Busfahrer, der Evakuierte transportierte, berichtete, dass Menschen in das ostukrainische Dorf Bezimenne gebracht worden seien, wo ein russisches „Filtrationslager“ liege. Dort habe eine Kontrolle stattgefunden, die einige nicht „überstanden“ hätten. Sie seien anschließend separiert worden. „Wir haben keine Ahnung, wohin“, sagte der Busfahrer.

„Filtrationslager“ gab es bereits im Zweiten Weltkrieg

„Filtrationslager“ haben in Russland Tradition. Erstmals wurden sie Anfang der 40er Jahre eingeführt, um „Verräter“ in den Reihen heimkehrender Rotarmisten zu finden. Auch für den Tschetschenien-Krieg sind solche Internierungslager gut dokumentiert. Auch dort ist es nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen zu Folter gekommen.

Dem deutschen Außenministerium liegen „übereinstimmende Berichte“ über die Lager vor, die „das Schlimmste“ vermuten ließen. „Sie beschreiben Praktiken bei den Verhören, die Zwang und auch Folter einschließen“, heißt es aus dem Haus von Annalena Baerbock (Grüne).

Kriegsverbrechen sind anderswo besser dokumentiert

Abschließend überprüfen lassen sich die Berichte nicht. Organisationen wie das Flüchtlingshilfswerk UNHCR erhalten von Russland keinen Zutritt zu den Lagern. Russische Kriegsverbrechen sind an anderer Stelle besser dokumentiert. Beispielsweise in Butscha. Der TV-Sender CNN veröffentlichte nun ein Video von Mitte März. Eine Überwachungskamera filmte, wie russische Soldaten offenbar zwei unbewaffneten Zivilisten in der Nähe eines Autohauses außerhalb von Kiew in den Rücken schießen. Einer der Männer starb noch vor Ort, der andere kurz darauf.

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Der UN-Menschenrechtsrat hatte sich bereits am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit dafür ausgesprochen, russische Kriegsverbrechen in der Ukraine zu untersuchen.

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