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  • Robert Habeck (Grüne) sieht zur Zeit manchmal ganz schön verknittert aus.
  • Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Analyse: Wie Habeck gerade vom Heilsbringer zum Buhmann der Nation mutiert

Noch vor wenigen Wochen schien es fast so, als wäre die kommende Bundestagswahl (voraussichtlich 2025) schon gegessen. Ganz klar: Robert Habeck wird erster grüner Kanzler, keiner erklärt Krise so ehrlich. Keinem trauen Medien und Volk mehr zu, das Land durch schwere Zeiten zu steuern. Dann kamen Gas-Umlage, AKW-Reserve und trotz Schließung nicht insolvente Bäcker – und Habeck mutierte zum Depp der Nation. Zumindest scheinbar. Was ist da passiert?

Das aktuelle ZDF-Politbarometer datiert noch von Mitte August. Dort liegt Habeck noch auf Rang 1 der beliebtesten Spitzenpolitiker, vor seinen Parteikolleg:innen Annalena Baerbock und Cem Özdemir, dann erst folgt Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Die „Bild“ feiert feixend „Roberts fünf dickste HaBöcke“

Folgt man aktuellen Medien-Zeilen und Diskussionen auf Twitter, Telegram & Co., dann dürfte es bei der nächsten Umfrage Mitte September vorbei sein mit der Habeckschen Herrlichkeit. Die „Bild“ feiert feixend „Roberts fünf dickste HaBöcke“ (ziemlich witzige Zeile tatsächlich), von „Berliner Zeitung“ bis „Übermedien“ geht es um die „Entzauberung“ des früheren Heilsbringers und im Bundestag fordern Oppositionelle gar schon Habecks Rücktritt.

Eine davon: Sahra Wagenknecht (Linke), die übrigens beim obigen August-Politbarometer den letzten Platz einnahm. „Treten Sie zurück“, rief sie am Donnerstag gegen Ende ihrer Rede bei der Haushalts-Debatte über den Etat von Habecks Ministerium. Und bekam zudem wegen fragwürdiger Aussagen über einen „Wirtschaftskrieg“ Deutschlands gegen Russland noch Ärger mit der eigenen Partei.

Friedrich Merz beömmelt sich über Habecks Nachdenken

Tags zuvor hatte sich bereits Friedrich Merz (CDU) beömmelt über den Minister, dem man in der ARD-Sendung „Maischberger“ „beim Denken zusehen“ konnte – beim erfolglosen Denken, so die Lesart.

Und wie berechtigt sind die Vorwürfe nun? Zu großen Teilen hat Habeck tatsächlich – vor allem kommunikativ, aber auch schlicht dank partiell fehlender Expertise – „Mist gebaut“, wie er vielleicht sagen würde. Mit der Vorwarnung an die Zuhörenden, dass er das „auf gut Norddeutsch“ so flapsig formulieren würde.

Auch die MOPO kritisierte Gas-Umlage und Atom-Murks

Auch in dieser Zeitung wurde Habeck zurecht kritisiert. Die Gas-Umlage scheint unausgegoren: Verbraucher stehen gerade, finanzieren so teils profitable Unternehmen mit. Nachbessern dringend erforderlich! Oder der AKW-Reserveplan: Die MOPO kritisierte den „Atom-Murks“ des Ministers.

Der neueste Fall: Habecks Auftritt bei „Maischberger“. Wo er Fragezeichen hinterließ mit der Aussage, dass mittelständische Betriebe wie Bäckereien ja nicht gleich Insolvenz anmelden müssten, sondern temporär aufhören könnten zu produzieren.

Der studierte Autor mutiert zum „Kinderbuchautor“

Von der „Bild“ bis in Querdenker-Kreise Häme: Das kommt davon, wenn ein „Kinderbuchautor“ Wirtschaftsminister wird.

Dass Habeck offenbar nicht ganz schief gewickelt ist, bewies der Chef des Deutschen Wirtschaftsinstituts (DIW), Marcel Fratzscher: Er verstehe die Kritik an den Aussagen Habecks zu Insolvenzen nicht. „Denn sie sind zutreffend.“ Sprich: Natürlich ist ein temporäres Einfrieren der Tätigkeit noch kein Insolvenzantrag. Nur habe er eben vermisst, dass Habeck über die staatlichen Maßnahmen spricht, die in solchen Fällen greifen.

Dies tat Habeck am Donnerstag. Und kündigte einen „breiter aufgespannten Schirm“ für die Unternehmen an, speziell den Mittelstand.

Habecks Gegner walzen genüsslich seine Fehler aus

Letztlich scheint es eine Kombination zu sein. Habecks Gegnerschaft wittert Morgenluft und walzt genüsslich seine nicht zu leugnenden Fehler aus: Von Opposition und konservativer Presse über Atomkraft-Lobby bis hin zu zuletzt öffentlich weniger beliebten Koalitionspartnern.

Auf der anderen Seite scheint Habeck aber auch Opfer seines Kommunikationsstils zu werden. Der ihm zuletzt ja vor allem positiv ausgelegt wurde: Das Hadern, das Zugeben eigener Unzulänglichkeit.

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Und dann ist da noch die Sache mit der persönlichen Note. Mehrfach hatte Habeck in kritisierten Gesprächen en passant erwähnt, wie ihn das alles auch mitnimmt. Dass er am Morgen ja nur Müsli mit Wasser gegessen habe. Oder eh nicht mehr zum Frühstücken komme. Dass das Menschen irritiert, die gerade größere Probleme haben – mehr als verständlich.

Vielleicht lernt der große Kommunikator gerade doch noch ein paar schmerzhafte Zusatz-Lektionen.

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