• In Brasilien wird gegen Corona geimpft.
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Zwischen Hoffen und Bangen: So laufen die Impfungen in anderen Ländern

Die Corona-Krise in den Griff bekommen, das Sterben beenden – das ist das Ziel. Doch das hängt vor allem davon ab, welches Land seine Bevölkerung wann impfen lassen kann. Die weltweite Verteilung der Impfstoffe läuft extrem ungleich. Wer am meisten bezahlt, bekommt die Lieferung. Doch wie laufen die Impfkampagnen in Asien, Afrika und Lateinamerika? Der „Spiegel“ berichtet über die aktuelle Lage.

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO findet klare Worte: „Die Welt steht am Rande eines katastrophalen moralischen Versagens“, sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Der Preis für dieses Versagen wird mit Leben und Lebensgrundlagen in den ärmsten Ländern der Welt bezahlt werden.“ Denn: Während in mindestens 49 reicheren Ländern derzeit schon mehr als 39 Millionen Impfdosen verabreicht worden seien, habe es in einem einzigen der ärmsten Länder erst 25 Impfungen gegen Covid-19 gegeben. Es sei nicht fair, dass viele Staaten sich vordrängelten und die Initiative „Covax“ umgingen, die ja gegründet worden war, damit auch arme Staaten Impfstoff erhalten.

Afrika

Einzig der kleine Inselstaat Seychellen hat mit dem Impfen des medizinischen Personals begonnen, in Guinea wurden einige hochrangige Politiker mit der russischen Impfung versorgt. Die meisten afrikanischen Länder haben bisher jedoch nichts von den Impfstoffen abbekommen. „Alle angekündigten Impfdosen sind bisher nur Reservierungen und existieren noch nicht. Es ist völlig ungewiss, wann es auf dem Kontinent flächendeckend losgeht“, sagt der kenianische Gesundheitsexperte Githinji Gitahi.

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Einem der reichsten Länder des Kontinents, Südafrika, wird sein vergleichsweiser Wohlstand zum Verhängnis: Es muss in die „Covax“-Initiative einzahlen, statt wie seine ärmeren Nachbarn die Impfdosen kostenlos zu erhalten. Das Land mit knapp 60 Millionen Einwohnern sicherte sich nach eigenen Angaben 12 Millionen Dosen über „Covax“. Weitere 12 Millionen sollen über eine Gemeinschaftsbestellung der Afrikanischen Union eintreffen. Wann die ersten Lieferungen kommen, steht nicht fest.

Südafrika: Bestatter in Schutzkleidung

Bestatter in Schutzkleidung mit einem an Covid-19 Verstorbenen in Südafrika.

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dpa/AP

Kenia erwartet noch im Februar erste Lieferungen. Es setzt vor allem auf den AstraZeneca-Impfstoff, der keine Tiefkühlung erfordert. Insgesamt 47 Millionen Impfdosen verschiedener Hersteller seien bislang zugesagt, verkündete das kenianische Gesundheitsministerium. Heißt: Selbst, wenn alle Dosen geliefert werden, reicht das nicht einmal für die Hälfte der Bevölkerung. In Tansania gibt es bislang keine Impfkampagne. Stattdessen teste man Heilkräuter, teilte die tansanische Regierung im Dezember mit. Denn seit dem Frühjahr ist das Land offiziell Covid-frei – auch wenn dieser Behauptung nur wenige wirklich glauben. 

Ägypten setzt derzeit vor allem auf den chinesischen Impfstoff Sinopharm. Die ersten 50.000 Dosen sind laut Medienberichten bereits im Land, weitere könnten bald folgen. Die Impfkampagne soll laut Regierung am 1. Februar beginnen. So könnte Ägypten zu einem der ersten Länder Afrikas werden, die zumindest einen Teil der Bevölkerung impfen.

Lateinamerika

Lateinamerika gilt als der Kontinent mit der größten Ungleichheit – und wird seinem Ruf auch bei den Corona-Impfungen gerecht. Mächtigere Staaten wie Chile oder Mexiko haben Millionen an Dosen bestellt und impfen bereits seit Wochen. Die ärmsten Staaten wie Bolivien, Nicaragua, Guatemala und Honduras sind dagegen abhängig vom supranationalen Verteilungsmechanismus „Covax“ – und müssen warten.

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Im schwer betroffenen Brasilien haben die Impfungen am 18. Januar begonnen. Probleme bei der Impfkampagne liegen vor allem an politischen Machtkämpfen und Inkompetenz. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, der gegen das Impfen wettert und behauptet, man könne sich dadurch in ein Krokodil verwandeln, soll es im Sommer abgelehnt haben, den Impfstoff von Pfizer/Biontech zu bestellen und setzte stattdessen auf den in Indien produzierten Impfstoff von AstraZeneca. Als der Deal zum Export der Impfung aus Indien Mitte Januar plötzlich platzte, wurden die Rufe nach seinem Abtritt lauter. Nun wird erst mal weniger geimpft als geplant – mit dem chinesischen Impfstoff Coronavac.

Corona-Impfung in Brasilien

Die 106-jährige Zelia de Carvalho Morley erhält in einem Altersheim in Brasilien eine Impfung mit dem Sinovac CoronaVac-Impfstoff.

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Argentinien ist von der Pandemie ebenfalls sehr schwer betroffen. Der russische Impfstoff Sputnik V (von der WHO bisher nicht autorisiert) ist seit Ende Dezember 2020 im Einsatz, bis Ende Februar sollen 10 Millionen der rund 45 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner geimpft sein.

Asien

In Asien sind es die Länder mit den leistungsfähigen Impfstoffproduktionsstätten, die bereits groß angelegte Impfkampagnen gestartet haben: China und Indien. Die meisten Länder der Region müssen sich in Geduld üben. Kambodscha etwa, Laos, Myanmar, Thailand oder Vietnam. Das gilt auch für den Industriestaat Japan. Dort wurde der Corona-Notstand bis in den Februar verlängert, Impfstoffzulassungen liefen schleppend an. Erste Impfungen könnte es Ende Februar geben.

China hatte – über Notzulassungen – schon im Sommer 2020 mit dem Impfen ausgewählter Personen angefangen. Ende 2020 wurde offiziell grünes Licht für den Impfstoff des Unternehmens Sinopharm gegeben und die Kampagne gestartet. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua haben Anfang Januar allein in Peking eine Million Menschen die erste Impfung erhalten.

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Indien ist hinter den USA das Land mit den meisten Coronafällen weltweit. Mitte Januar begannen dort die Impfungen, sie sind kostenlos. Die Regierung will bis zum Sommer 300 Millionen Menschen geimpft haben. Eine logistische Megaaufgabe für das 1,4-Milliarden-Einwohner-Land.

In China füllen Einwohner vor der Corona-Impfung Formulare aus.

In China füllen Einwohner vor der Corona-Impfung Formulare aus.

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dpa/XinHua

In Indonesien war Präsident Joko Widodo der Erste, der sich Mitte Januar eine Impfung in den Oberarm drücken ließ – als Zeichen an die Bevölkerung, dass dieser Impfstoff sicher sei. Der viertbevölkerungsreichste Staat der Welt ist einer der Ersten, in denen der chinesische Impfstoff außerhalb Chinas großflächig zum Einsatz kommt. Interessant ist dabei Indonesiens Impfstrategie: Zuerst soll die arbeitende Bevölkerung geimpft werden, 18- bis 59-Jährige, erst später Risikogruppen und Alte. Das Land hofft, so die Wirtschaft wieder anzukurbeln, die in der Pandemie stark gelitten hat. (wb)

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