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Mediziner in Schutzanzügen verlegen einen Corona-Patienten in Moskau.
  • Viele Krankenhäuser in Russland sind bereits völlig überfüllt.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Alexander Zemlianichenko

Corona-Eskalation: Regierung schickt Millionen bis 2022 in Quarantäne

Fast nirgendwo sonst auf der Welt wütet Corona derzeit so heftig wie in Russland. Im Kampf gegen die Pandemie werden nun Hardcore-Maßnahmen verhängt – darunter eine viermonatige Zwangsquarantäne für Millionen Menschen, weil: „Es gibt keine andere Möglichkeit.“

Während wir uns hierzulande schrittweise einem Leben wie vor Corona annähern, sind die Menschen in Russland weiter denn je davon entfernt. Das Virus frisst sich heftig wie noch nie seit Beginn der Pandemie durch die Bevölkerung. In vielen Städten ist kein freies Klinikbett mehr zu bekommen – selbst für Notfälle nicht.

1036 Covid-Tote wies die Statistik gestern aus, zudem gab es mehr als 36.300 Neuinfektionen. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen höher liegen dürften, denn die russischen Corona-Statistiken stehen immer wieder unter Fälschungsverdacht.

Putin ordnet arbeitsfreie Woche an

Angesichts der dramatisch hohen Werte hat Präsident Wladimir Putin nun reagiert: Am Mittwoch verordnete er seinen 146 Millionen Landsleuten eine arbeitsfreie Woche. Vom 30. Oktober bis zum 7. November sollen Angestellte in ganz Russland demnach zuhause bleiben, ihren Lohn aber weitergezahlt bekommen. Regionen, in denen die Lage besonders schlimm ist, können den Zeitraum erweitern.

Neue Gräber auf dem Jastrebkowskoje-Friedhof in Moskau, der als eine der Begräbnisstätten für Covid-Tote dient. picture alliance/dpa/AP | Dmitry Serebryakov
Neue Gräber auf dem Jastrebkowskoje-Friedhof in Moskau, der als eine der Begräbnisstätten für Covid-Tote dient.
Neue Gräber auf dem Jastrebkowskoje-Friedhof in Moskau, der als eine der Begräbnisstätten für Covid-Tote dient.

Sogar noch einen Schritt weiter geht Moskau: Wie Bürgermeister Sergej Sobjanin auf seinem Blog schrieb, geht die Hauptstadt in dieser Zeit in den Lockdown. Kurios ist allerdings: Während hierzulande während einer solchen Phase Kultureinrichtungen schließen mussten, können diese in Russland geöffnet bleiben. Theater und Museen etwa dürfen weiterarbeiten – bei maximal 50 Prozent Auslastung und mit Maskenpflicht. Geschlossen werden aber Einkaufszentren, Kinos, Fitnessstudios, Schulen und Kindergärten. Für Gastronomen gilt das „To Go“-Prinzip.

Moskau schickt Millionen Menschen in Zwangsquarantäne

Doch damit nicht genug: „Von 25. Oktober 2021 bis 25. Februar 2022 müssen Moskauer über 60 Jahre und Bürger mit chronischen Erkrankungen wieder die Heimanordnung einhalten“, schrieb Sobjanin. Bedeutet: Zwangsquarantäne für rund zwei Millionen Menschen, nur Spaziergänge und Sport im Freien sind erlaubt.


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Denn wie der „Stern“ berichtet, sind von den etwa drei Millionen alten oder kranken Moskauern nur gut 1,1 Millionen geimpft und somit wie Genesene von der Regel ausgenommen. „Meine lieben Großmütter und Großväter, mir ist bewusst, wie mühsam und unbequem die Beschränkungen sind“, so Sobjanin. „Aber es gibt einfach keine andere Möglichkeit, Sie vor einer schweren Krankheit zu bewahren.“

Darum ist die Corona-Lage in Russland so dramatisch

Warum aber ist die Lage so dramatisch? Experten sehen den Hauptgrund dafür in der desolaten Impfquote. Nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung ist bislang vollständig geimpft. „Die beste Art, Corona zu bekämpfen, ist krank und wieder gesund zu werden“, zitiert die „Frankfurter Rundschau (FR)” einen jungen Moskauer. So wie er denken viele.

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Hinzukommt: Viele Russen misstrauen dem hauseigenen Impfstoff Sputnik V – obwohl die Staatsmedien das Vakzin immer wieder als das mit Abstand beste der Welt anpreisen. „Die Leute beeilen sich nicht mit der Impfung“, sagt auch Lew Gudkow, Chefsoziologe des unabhängigen Lewada-Forschungszentrums, zur FR. Gudkow begründet das mit Misstrauen gegen die Obrigkeit und mit fehlenden Alternativ-Vakzinen aus dem Ausland – denn gespritzt wird in Russland ausschließlich Sputnik. Zudem hat der Kreml bis heute keine offiziellen, wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit des Mittels vorgelegt.

Auch Putin beklagte jüngst die „leider bislang nicht hohe“ Impfquote. Er selbst ist nach eigenen Angaben schon seit Monaten doppelt mit Sputnik geimpft. Fotos oder Videos davon gibt es allerdings nicht.

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