„War kein Unfall“: 16-Jähriger nach Polizeieinsatz hirntot
Ein 16 Jahre alter Motorradfahrer ist nach einem Zusammenstoß mit einem Polizeiauto in einer Pariser Vorstadt für hirntot erklärt worden. Die Familie wirft der Polizei jetzt vor, den 16-Jährigen mit dem Auto geradezu gejagt zu haben.
„Augenzeugen berichten, dass das Polizeiauto schnell gefahren ist, um ihm den Weg abzuschneiden“, sagte der Anwalt Yassine Bouzrou am Freitag dem Sender France Info. „Es war kein Unfall“, fügte er hinzu. Die Familie reichte Klage wegen versuchten Totschlags ein.
Paris: Teenager nach Polizeieinsatz hirntot – Familie verklagt Polizei
Der Anwalt kritisierte die Freilassung der beiden Polizisten, die zunächst in Gewahrsam genommen worden waren. Zudem warf er der Staatsanwaltschaft vor, vorzeitig den Tod des Jugendlichen bekannt gegeben zu haben. Später hatte die Staatsanwaltschaft dies korrigiert und erklärt, dass der 16-Jährige hirntot sei.
Der Zusammenstoß ereignete sich am Mittwochabend in Elancourt, einem Ort etwa 30 Kilometer südwestlich von Paris. Nach Angaben aus Polizeikreisen hatte der 16-Jährige versucht, einer Polizeikontrolle zu entgehen. Ein Polizeiwagen sei ihm „mit Abstand“ gefolgt. Das zweite Polizeiauto sei auf dem Rückweg von einem anderem Einsatz gewesen. „Es war ein unglücklicher Unfall“, sagte der Anwalt der Polizisten, Laurent-Franck Liénard.
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Die Staatsanwaltschaft von Versailles ermittelt bislang wegen Nichtbefolgens einer Anordnung durch den Jugendlichen sowie des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Die Polizisten, die am Steuer der beiden Polizeiautos saßen, waren am Mittwochabend in Gewahrsam genommen, am Donnerstag aber wieder freigelassen worden.
Der Vorfall hatte Furcht vor neuen Ausschreitungen ausgelöst. In der Nacht zu Freitag kam es lediglich zu kleineren Scharmützeln. Vertreter der Sicherheitskräfte wurden im Nachbarort Trappes mit Wurfgeschossen angegriffen und setzten ihrerseits in 15 Fällen Tränengas beziehungsweise Gummigeschosse ein.
Angst vor neuen Unruhen in Pariser Vorstädten
Am Donnerstag war eine zusätzliche Einheit von Gendarmen in dem rund 25.000 Einwohner zählenden Ort Elancourt eingesetzt worden, um Unruhen zu vermeiden. Der Tod des 17 Jahre alten Nahel Ende Juni in der Pariser Vorstadt Nanterre, der sich ebenfalls geweigert hatte, sein Fahrzeug anzuhalten, hatte tagelange Unruhen in Frankreich ausgelöst. Videoaufnahmen hatten belegt, dass ein Polizist den 17-Jährigen aus nächster Nähe erschossen hatte, während dieser am Steuer des Autos saß. (afp/mp)