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Regenbogenflagge vor Kirche
  • 125 Mitarbeiter der katholischen Kirche outen sich.
  • Foto: picture alliance/dpa | Oliver Berg

Befreiungsschlag: 125 Mitarbeiter der katholischen Kirche outen sich als queer

Der Druck auf die katholische Kirche wächst – von außen wie von innen. 125 Mitarbeiter haben sich nun als queer geoutet, obwohl sie deshalb ihren Job verlieren könnten. Die katholische Reformbewegung „Maria 2.0unterstützt sie und macht einen eigenen Punkt: Ratzinger soll seinen Papst-Namen abgeben.

In einer beispiellosen Aktion haben sich 125 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche als queer geoutet und ein Ende ihrer Diskriminierung gefordert. Unter ihnen sind Priester, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, Religionslehrer und Religionslehrerinnen, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der kirchlichen Verwaltung. Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Caritas-Mitarbeiterin hat Beziehung 40 Jahre verheimlicht

Sie fordern eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts, so dass die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität künftig kein Kündigungsgrund mehr sind. Außerdem sollen diffamierende Aussagen zu Geschlechtlichkeit und Sexualität aus der kirchlichen Lehre gestrichen werden.

Der Zugang zu den katholischen Sakramenten und zu allen Berufsfeldern der Kirche dürfe ihnen nicht mehr vorenthalten werden. Im vergangenen März hatte der Vatikan noch einmal klargestellt, dass homosexuelle Partnerschaften nicht den Plänen Gottes entsprächen.


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Monika Schmelter (65) aus Lüdinghausen im Münsterland weiß nur zu gut, wie sehr queere Menschen unter den Regeln der Kirche leiden. Sie hat die Beziehung zu ihrer heutigen Frau 40 Jahre verheimlicht, weil sie selbst bei der Caritas arbeitete und ihre Partnerin Religionslehrerin war. Sie hätten lange Anfahrtswege zu ihrer Arbeit in Kauf genommen, um nicht entdeckt zu werden, sagte Schmelter. Als es irgendwann doch durchgesickert sei und sie sich ihrem Chef anvertraut habe, sei von dem die Ansage gekommen: „Wenn ich das weiter geheim halte, dann kann ich meinen Job behalten. Aber wenn ich das an meinem Dienstort offen gemacht hätte, hätte das zu meiner Kündigung geführt.“

Queere Mitarbeiter fordern ein Ende der Diskriminierung

Die Initiative, die nun die Öffentlichkeit gegen solchen Druck von Seiten der Kirche mobilisieren will, trägt den Namen „#OutInChurch. Für eine Kirche ohne Angst“. Das Netzwerk ruft alle LGBTIQ+-Personen, die haupt- oder ehrenamtlich für die katholische Kirche tätig sind, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen. An die Bischöfe geht der Appell, öffentlich ihre Unterstützung für das Manifest zu erklären. LGBTIQ steht für Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans, Inter und Queer, das Pluszeichen steht für weitere Identitäten und Geschlechter.

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In dem Manifest heißt es unter anderem, die abwertenden Aussagen der Kirche etwa zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen seien im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr haltbar und hinnehmbar. „Eine solche Diskriminierung ist ein Verrat am Evangelium.“ Die Kirche müsse vielmehr zum Ausdruck bringen, „dass LGBTIQ+-Personen ob alleine oder in Beziehung lebend, von Gott gesegnet sind“

Reformbewegung solidarisiert sich – und fordert Ratzinger zur Abgabe seines Papst-Namens auf

Die Reformbewegung Maria 2.0 solidarisierte sich mit der Initiative. Eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts und eine Revision der kirchlichen Lehre seien „unbedingt notwendig, da die katholische Kirche mit ihrer diskriminierenden Haltung gegenüber queeren Menschen weltweit unverantwortlich im Sinne der Menschenrechte handelt“.

Doch Maria 2.0 hat noch ein anderes Thema auf der Agenda: Den Umgang der Kirche mit dem Missbrauchsskandal. Im Zuge dessen fordert die Bewegung Papst Benedikt XVI. auf, nach dem aufsehenerregenden Gutachten zu sexueller Gewalt im Erzbistum München und Freising, seinen päpstlichen Namen abzulegen. „Wir erwarten, dass Joseph Ratzinger in Anbetracht dessen auf die Verwendung seines päpstlichen Namens sowie seiner damit verbundenen Titel und Insignien verzichtet“, teilte die feministische Initiative mit. Er habe den sexuellen Missbrauch Minderjähriger „auf geradezu dreiste Weise verharmlost“.

Benedikt, der frühere Kardinal Joseph Ratzinger, hatte das Erzbistum München und Freising von 1977 bis 1982 geführt. Ein vom Erzbistum selbst in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden seien. Benedikts Rolle ist besonders brisant. Ihm werden vier Fälle von Fehlverhalten angelastet. (vd/dpa)

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