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  • Leon Brown hat durch 30 Jahre Haft so schwere psychische Schäden erlitten, dass er nicht mehr allein für sich sorgen kann.
  • Foto: The News & Observer

Unschuldig in Haft: Spektakuläres Urteil: 75 Millionen Dollar für 30 Jahre US-Gefängnis

Raleigh –

 Zwei Brüder, 15 und 19 Jahre alt, beide geistig behindert, werden für einen Mord verurteilt, den sie nicht begangen haben. Mehr als 30 Jahre sitzen beide im Gefängnis. 30 unfassbar lange Jahre – bis das Fehlurteil 2014 eingestanden wird und sie freikommen. Jetzt hat ein Gericht in North Carolina Henry McCollum und Leon Brown eine Rekord-Entschädigung zugesprochen: 75 Millionen Dollar. Aber: Entschädigen kann Geld das unfassbare Unrecht nicht. 

Eine Jury sprach Henry McCollum und Leon Brown je eine Million Dollar pro verbrachtem Jahr im Gefängnis plus 13 Millionen Dollar Bußgeld zu. Die Jury habe „getan, was das Rechtssystem heute noch tun kann, um so spät noch Gerechtigkeit herzustellen“, erklärte ein Anwalt der Brüder.

Henry und Leon waren 1984 für den Mord an einer Elfjährigen verurteilt worden. Das Mädchen war nach einer Vergewaltigung tot auf einem Feld aufgefunden worden, umgeben von leeren Bierdosen und Kippen. Die Polizei verhörte die damals 19- und 15-jährigen Halbbrüder. Obwohl McCollum nicht einmal von dem Mord wusste, präsentierte die Polizei nach fünfstündigem Verhör ein unterschriebenes Geständnis. Wie das zustande kam, ließ sich nie nachweisen.

Heute steht fest: In den Geständnissen befanden sich Fakten, die keiner von beiden zu dem Zeitpunkt wissen konnte. Beide Jungen, Henry McCollum war gerade einmal 16 Jahre alt, wurden zum Tode verurteilt. Leon Browns Strafe wurde später in lebenslange Haft umgewandelt. McCollum lebte drei Jahrzehnte in der Todeszelle. Während er einsaß, wurden mehr als 45 seiner Mithäftlinge hingerichtet. Und jedes Mal hatte er Angst, dass er der nächste sein würde. Niemand im ganzen Staat saß länger in der Todeszelle als er.

Eine Million Dollar für jedes Jahr Haft

2014 ergab ein DNA-Test an einem Zigarettenstummel, dass ein anderer den Mord begangen hatte. Die Brüder wurden freigelassen in eine Welt, die sie nicht mehr kannten. Jetzt bekommen sie sehr, sehr viel Geld. Aber: Entschädigt eine Million Dollar für ein Jahr in der Hölle? Diese Frage stellte einer der Anwälte der Brüder während des Prozesses. Denn das Gefängnis, das war die Hölle. Für beide. Leon Brown berichtete, dass er in der Haft vergewaltigt und von Wärtern gefesselt wurde – er hat seitdem so massive psychische Probleme, dass er betreut werden muss und in einer Wohngruppe lebt. Sein Halbbruder und er verschuldeten sich nach ihrer Haftentlassung 2014 hoch. Mittlerweile haben beide einen Vormund, der sich um sie kümmert.

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Das Urteil kann das Leid nicht wettmachen – aber es ist ein Signal. Nach dem Ende des Prozesses umarmten sich Leon Brown und Henry McCollum weinend. „Ich danke Gott“, sagte McCollum, „ich habe meine Freiheit.“ Aber: „Es gibt immer noch eine Menge unschuldiger Menschen im Gefängnis. Und sie verdienen es nicht, dort zu sein.“ 

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