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  • Ein junger Nigerianer trauert um seinen Bruder, der bei einem Polizeieinsatz ums Leben kam.
  • Foto: picture alliance/dpa

Unruhen und Tote: Wie #BlackLivesMatter jetzt auch Nigeria erfasst

Lagos/Abuja –

Seit Wochen wird in Nigeria – fast unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit – gegen Polizeigewalt protestiert. Nun ist die Lage eskaliert: Sicherheitskräfte sollen auf  Demonstranten geschossen haben, es gab Tote.

Doch die Proteste in Afrikas größter Volkswirtschaft gehen weiter – denn die Menschen sind sauer.Die Lage spitzt sich zu: Trotz Ausgangssperre demonstrieren Tausende Nigerianer seit Wochen gegen Polizeibrutalität – auch am vergangenen Dienstag.

Lagos: Polizeibeamte halten einen Demonstranten fest.

Lagos: Polizeibeamte halten einen Demonstranten fest.

Foto:

Sunday Alamba/AP/dpa

Dann das Unfassbare: Sicherheitskräfte eröffneten in Lagos das Feuer. Sowohl die EU als auch die Vereinten Nationen und Augenzeugen in sozialen Medien berichteten übereinstimmend von Toten und Verletzten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, sie habe Belege, dass mindestens zwölf Menschen gestorben seien. Die Provinzregierung bestätigte nur eine Schießerei. Der Gouverneur des Bundesstaates Lagos, Babajide Sanwo-Olu, sprach von 25 Verletzten und einem Todesopfer. Amnesty schrieb jedoch auf Twitter, man habe „glaubwürdige, aber verstörende Hinweise auf exzessive Gewaltanwendung erhalten, die zum Tode von Demonstranten […] führten“ und erinnerte die Behörden daran, dass tödliche Gewaltanwendung nur in wenigen Extremfällen erlaubt sei.

Lagos: Anhaltende Proteste, unübersichtliche Lage

Die Lage in Lagos und andernorts in Nigeria ist indes weiter unübersichtlich. Der Gouverneur sprach von anhaltenden gewaltsamen Protesten, bei denen auch Feuer gelegt werde. In Berichten war von wütenden Jugendlichen die Rede, die Autos und Regierungsgebäude in Brand setzten. Ohrenzeugen berichteten über Schüsse.

Ausgelöst worden waren die Proteste durch ein Video, das einen Beamten der Eliteeinheit Special Anti-Robbery Squad (SARS) beim Töten eines jungen Mannes zeigte und im Netz die Runde machte. 

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Die Eliteeinheit ist bei den meisten Nigerianern verhasst, denn sie geht gnadenlos vor – auch gegen Landsleute. Nach Berichten von Amnesty versuchten SARS-Mitglieder, Festgenommene mit Schlägen, Schüssen in die Beine und Scheinexekutionen einzuschüchtern und zu Geständnissen zu zwingen – geduldet von höchsten politischen und militärischen Kreisen.

Nach der Tötung des jungen Schwarzen sollen die Elitecops die Leiche einfach liegengelassen haben und mit dem Auto des Getöteten davongefahren sein. Schnell wurden Parallelen gezogen zum Fall des bei einem Polizeieinsatz in den USA getöteten Schwarzen George Floyd – der Hashtag „Black Lives Matter“ nahm plötzlich auch in Nigeria Fahrt auf.

Rihanna unterstützt die Proteste in Nigeria

Mit seinen riesigen Erdölvorräten sollte Nigeria eines der reichsten Länder Afrikas sein. Doch stattdessen haben Misswirtschaft und Korruption zu einer Verarmung der Bevölkerung geführt. Trotz Hochschulabschluss müssen sich viele junge Menschen als Straßenhändler verdingen, schreibt etwa die „Zeit“; Stromausfälle, Streiks und Umweltkatastrophen gehörten zum traurigen Alltag.

nigeria

Tausende Nigerianer protestieren gegen exzessive Polizeigewalt in ihrem Land. 

Foto:

picture alliance/dpa

Für viele Nigerianer hieß es nun jedoch: Genug ist genug. Neben #BlackLivesMatter nutzten tausende Nigerianer auch #EndSARS, um auf die Missstände und Ungerechtigkeiten in ihrem Land aufmerksam zu machen. In Windeseile verbreitete sich ihr Protest international – und erhielt auch prominente Unterstützung. So schrieb etwa Rihanna auf Twitter, es sei unerträglich, das Geschehen in Nigeria zu beobachten: „Es ist so ein Betrug an den Bürgern, dass dieselben Leute, die sie schützen sollen, nun diejenigen sind, vor denen wir uns am meisten fürchten müssen, ermordet zu werden.“

Immerhin: Die Eliteeinheit wurde aufgelöst. Die Proteste aber dürften weitergehen, denn mittlerweile wurde #EndSARS abgelöst von #FixNigeriaNow – „Repariert Nigeria, jetzt!“

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