Polizeiautos mit japanischen Schriftzeichen

Straßensperrung in der japanischen Stadt Kihoku nach der Tsunamiwarnung Foto: The Yomiuri Shimbun via AP Images

Tsunami-Alarm nach Erdbeben: Erste Wellen erreichen Japan

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Vor der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka bebte in der Nacht zu Mittwoch die Erde, und zwar mächtig. Experten sprechen vom weltweit heftigsten Beben seit 2011. Küstenbewohner in mehreren Ländern werden evakuiert. Auch Arbeiter an der Atomruine Fukushima mussten wegen der Tsunami-Warnung höhere Gebiete aufsuchen.

Nach dem Erdbeben vor der russischen Halbinsel Kamtschatka ist an Japans Pazifikküste inzwischen eine mehr als einen Meter hohe Flutwelle eingetroffen. In einem Hafen der nordöstlichen Präfektur Iwate sei eine 1,30 Meter hohe Welle registriert worden, berichteten lokale Medien. An der Küste anderer Präfekturen wurden Flutwellen von bis zu 80 Zentimetern beobachtet. Die Behörden haben Warnungen vor einem bis zu drei Meter hohen Tsunami ausgegeben. Bei einem Tsunami bauen sich Wellen mitunter in Stufen auf.

Japans nationale meteorologische Behörde rief die Menschen auf, sich in höher gelegene Gebiete oder Evakuierungsgebäude zu begeben. Sie sollten trotz der enormen Sommerhitze dort auch vorerst bleiben. In dem fernöstlichen Inselreich wurde heute in Tamba in der Präfektur Hyogo eine Rekordtemperatur von 41,2 Grad Celsius gemessen, wie die Wetterbehörde weiter mitteilte.

Galapagos Inseln: Schiffsverkehr eingestellt

Das schwere Erdbeben vor der russischen Halbinsel Kamtschatka hat Warnungen vor Tsunami-Wellen an den östlichen Küsten Russlands und Japans sowie in westlichen Bundesstaaten der USA ausgelöst, ebenso in Mexiko und Guatemala. In Ecuador warnten die Behörden, dass Flutwellen die berühmte Galápagos-Inselgruppe erreichen könnten. Der Archipel, der wegen seiner einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt zum Unesco-Welterbe zählt, liegt rund tausend Kilometer vor der Küste des südamerikanischen Landes. Die Menschen sollten Strände und Häfen meiden, der Schiffsverkehr solle eingestellt werden, teilte die Regierung mit.

Für weite Teile der Küsten Perus und des benachbarten Chiles galten ebenfalls Tsunami-Warnungen. Der chilenische Katastrophenschutz teilte mit, es seien Flutwellen von einem bis drei Metern Höhe möglich. In mehreren Küstengebieten würden Evakuierungen vorbereitet, hieß es in Medienberichten. Schulen sollen vielerorts sicherheitshalber geschlossen bleiben.

Stärkstes Beben seit 2011

Mit einer Stärke von 8,8 war das Beben laut der US-Erdbebenwarte USGS das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011. Damals war es in Fukushima zum Super-Gau gekommen. Heute gilt die Lage als stabil, wegen der Tsunami-Warnung hat der Betreiber der japanischen Atomruine Fukushima Daiichi aber derzeit alle Arbeiter zur Evakuierung aufgefordert. Der Konzern Tokyo Electric Power (Tepco) bestätigte der „Japan Times“, dass sie sich alle auf höher gelegenen Gebieten in Sicherheit gebracht haben.

Die Tsunami-Warnung könne noch einen Tag oder sogar länger in Kraft bleiben, hieß es. Nach Aussagen eines Regierungssprechers gab es bislang weder Berichte über Opfer noch über Schäden. Auch in Atomkraftwerken gebe keine Unregelmäßigkeiten. Die Regierung hatte zuvor einen Krisenstab eingerichtet.

Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass gab die Stärke mit 8,7 an, das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam mit 7,8. Das Zentrum des Bebens lag den Angaben zufolge in der offenen See, etwa 130 Kilometer vor der nur dünn besiedelten Küste Kamtschatkas, und relativ tief unter dem Meeresboden.

Verängstigte Menschen flüchten auf die Straße

Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften handelte es sich um das heftigste Erdbeben auf der Kamtschatka seit 1952. Mit weiteren Nachbeben sei noch etwa einen Monat lang zu rechnen, sie könnten Stärken von bis zu 7,5 erreichen.

Nach der Tsunamiwarnung haben sich Menschen in der japanischen Stadt Owase in höher gelegenes Gebiet zurückgezogen The Yomiuri Shimbun via AP Images
Menschen sitzen auf einem Terrasse
Nach der Tsunamiwarnung haben sich Menschen in der japanischen Stadt Owase in höher gelegenes Gebiet zurückgezogen

In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski rannten laut Tass verängstigte Menschen barfuß ins Freie. Kleiderschränke stürzten um, Autos rutschten über wackelnde Straßen und ein Kindergarten-Gebäude wurde schwer beschädigt. Zeitweise sei das Strom- und Telefonnetz zusammengebrochen.

In der russischen Region Sachalin wurden Küstenbewohner vorsichtshalber evakuiert. Stellenweise brandeten laut Tass Tsunami-Wellen von drei bis vier Metern Höhe an Land. Berichte über Verletzte oder gar Tote gab es zunächst nicht.

Evakuierungsaufrufe auch in Japan und auf Hawaii

Die japanischen Behörden stuften ihre Tsunami-Warnung am Vormittag (Ortszeit) hoch: An der Pazifikküste drohten demnach bis zu drei Meter hohe Flutwellen, vor denen Anwohner in höher gelegenen Gegenden Schutz suchen sollten. An der Küste der nordöstlichen Präfektur Miyagi wurden zunächst Flutwellen von 50 Zentimetern Höhe registriert, in anderen Präfekturen wie Fukushima, Hokkaido und Aomori Wellen von bis zu 40 Zentimetern Höhe, wie der japanische Fernsehsender NHK meldete. Berichte über Probleme in Atomkraftwerken gebe es nicht.

Die japanische Regierung richtete einen Krisenstab ein. Ministerpräsident Shigeru Ishiba rief die Menschen auf, sich in höher gelegene Gebiete oder Evakuierungsgebäude zu begeben. Nach Aussagen eines Regierungssprechers gab es jedoch zunächst weder Berichte über Opfer noch über Schäden.

USA-Tsunami-Frühwarnsystem warnt Bewohner von Hawaii

Das staatliche Tsunami-Frühwarnsystem in den USA sprach ebenfalls von Wellen von bis zu drei Metern Höhe, die die Küste des Tausende Kilometer vom Zentrum des Bebens entfernten Bundesstaats Hawaii kurz nach 7 Uhr am deutschen Morgen erreichen könnten. Küstenbewohner sollten die gefährdeten Gebiete sofort verlassen oder in mindestens zehnstöckigen Gebäuden Schutz suchen, hieß es. Außerdem sollten Schiffe auf Geheiß der US-Küstenwache die Häfen von Hawaii verlassen, um nicht von den Wellen an Land gespült zu werden.

Auch für Alaskas Westküste wurde eine Tsunami-Warnung erlassen. Weiter entfernte Pazifikstaaten wie die Philippinen und Indonesien wappneten sich ebenfalls für drohende Flutwellen. (dpa/mp)

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