• Der Oberbürgermeister von Trier, Wolfram Leibe (SPD), gedenkt zusammen mit Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, der Opfer der Amokfahrt.
  • Foto: picture alliance/dpa

Trier in tiefer Trauer: „Diese vier tödlichen Minuten“

Trier –

Fünf Tote, 14 Verletzte – eine ganze Stadt steht unter Schock. Warum mussten diese Menschen in der Trierer Innenstadt sterben? Dieser Frage gehen die Ermittler derzeit nach. Der festgenommene Autofahrer muss vor den Haftrichter, während die Trierer den Opfern gedenken.

Nach bisherigen Ermittlungen hat der 51-jährige dringend Tatverdächtige mit einem PS-starken Geländewagen am Dienstag in Trier gezielt Menschen in der Fußgängerzone überfahren. Fünf Menschen starben – darunter ein neun Wochen altes Baby und sein Vater. Der Mann soll am (heutigen) Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden. Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung bei ihm.

Trier: Neun Wochen altes Baby und sein Vater sterben bei Amokfahrt

Die Trauer über die Verluste ist riesig, dennoch lässt sich eine Amokfahrt wie in der Trierer Innenstadt nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz nur schwer verhindern. „Wenn das Auto zur Mordwaffe wird, dann ist es schwierig zu sagen als Staat, das können wir zu 100 Prozent unterbinden“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in einem Interview im Deutschlandfunk. „Wie wollen Sie verhindern, wenn ein Mensch sich entscheidet, sich ins Auto zu setzen und gezielt Menschen anzugreifen.“

Lewentz erklärte weiter, es wäre schwierig, eine Großstadt so abzusperren, dass man mit einem Fahrzeug nirgendwo Menschen angreifen könnte. „Eine Fußgängerzone ist allein deswegen befahrbar, weil natürlich dort viele Geschäfte sind, die permanent Lieferverkehre bekommen.“ Diese Bereiche müssten auch für Rettungsfahrzeuge offen sein.

Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) hatte am Dienstag gesagt, dass bei einem Weihnachtsmarkt Poller aufgestellt worden wären – der Markt finde aber coronabedingt nicht statt. „Wer rechnet mit so einer Tat, wer kann eine Innenstadt in dieser Dimension komplett absichern?“ Möglicherweise hätte sich der Täter dann ein anderes Ziel gesucht. „Es gibt keine absolute Sicherheit“, meinte auch er.

Bisher kein Bekennerschreiben des Amokfahrers gefunden

Nach Angaben von Lewentz war bisher kein Bekennerschreiben des Amokfahrers gefunden worden. Bei der Aufklärung komme es nun auf die Vernehmungen und die Bereitschaft des Verdächtigen an, seine Motive offenzulegen. Derzeit gingen die Ermittler davon aus, dass der Amokfahrer ohne organisierten Hintergrund gehandelt habe. Es gebe auch weiter keine Hinweise auf ein politisches Motiv. Der 51-Jährige hat der Polizei zufolge ausgesagt. „Er spricht mit uns“, teilte ein Polizeisprecher mit. Zu Inhalten könne man aber zunächst keine Angaben machen.

Das könnte Sie auch interessieren: Amokfahrt in Trier – Auto rast durch Fußgängerzone, Baby stirbt, Mutter im Krankenhaus

Unterdessen hat die Polizei in Trier die Absperrung von großen Bereichen der Innenstadt wieder aufgehoben. „Die Stadt ist wieder frei“, sagte ein Polizeisprecher. Es werde zwar noch weitere Ermittlungen in geben, dafür seien aber keine Absperrungen mehr erforderlich.

Gedenkveranstaltung am Trierer Wahrzeichen Porta Nigra

Während die Polizei noch dem Motiv auf der Spur ist, haben bei einem bewegenden Gedenken am Trierer Wahrzeichen Porta Nigra am Mittwochvormittag hunderte Menschen der Opfer der Todesfahrt in der Mosel-Stadt gedacht. Zahlreiche Kerzen und Blumen an dem früheren römischen Stadttor erinnerten an die Toten und Verletzten. „Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nicht“, sagte Oberbürgermeister Wolfram Leibe.

Gedenkveranstaltung in Trier

Der Oberbürgermeister von Trier, Wolfram Leibe (SPD), gedenkt zusammen mit Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, der Opfer der Amokfahrt.

Foto:

picture alliance/dpa

Gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer legte er Kränze nieder. „Wir trauern mit den Angehörigen der Toten, und wir beten für die Verletzten“, sagte Dreyer. „Ein Leben lang werden sie die Folgen tragen müssen dieser vier tödlichen Minuten.“ Die Regierungschefin, die selbst in Trier wohnt, sprach von einem traurigen Tag.

„Eine Nacht hat nicht geholfen. Keiner von uns hat sich jemals vorstellen können, dass so etwas hier passieren könnte.“ Kein Wort könne das Leid der Betroffenen lindern, sagte die SPD-Politikerin. „Nichts, wirklich gar nichts kann diese brutale und schreckliche Tat rechtfertigen.“

Oberbürgermeister Leibe sagte, die Rettungskräfte seien an die Grenze dessen gekommen, „was man Menschen zumuten kann“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe ihm telefonisch zugesichert, dass er mit der Stadt fühle. Am Ende des Gedenkens zeigten viele Menschen ihre Anteilnahme mit Applaus.

Staatsanwaltschaft stuft Amokfahrt als mehrfachen Mord ein

Die Tat wird von der Staatsanwaltschaft als mehrfacher Mord, Mordversuch und gefährliche Körperverletzung eingestuft. Es gebe keinen weiteren Tatort oder Hinweise auf Mittäter oder Komplizen des Festgenommenen, hieß es. Der 51-jährige Verdächtige aus dem Kreis Trier-Saarburg ist Deutscher, er war zur Tatzeit betrunken, bei ihm wurden 1,4 Promille festgestellt.

Zu den Todesopfern zählen neben dem Baby und dessen 45-jährigem Vater drei Frauen im Alter von 25, 52 und 73 Jahren. Alle stammen aus Trier. Die Mutter des Babys hat überlebt und liegt den Behörden zufolge ebenso im Krankenhaus wie ihr eineinhalb Jahre alter Sohn. (vd/dpa)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp