Polizisten überprüfen auf Kreta die Fahrer auf gültige Dokumente an einer Straßensperre.

Polizisten überprüfen auf Kreta die Fahrer auf gültige Dokumente an einer Straßensperre. Foto: Thanassis Stavrakis/AP/dpa

Tote und Verletzte: Schwere Ausschreitungen auf beliebter Mittelmeer-Insel

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Eskalation auf Kreta: Im Bergdorf Vorizia ist eine lange schwelende Fehde zwischen zwei Familien in blutige Gewalt umgeschlagen. Bei schweren Auseinandersetzungen am Samstag kamen ein Mann und eine Frau ums Leben, 14 weitere Menschen wurden verletzt – zwei davon schwer, wie griechische Medien berichten.

Schwer bewaffnete Polizisten durchsuchten Häuser des 500-Einwohner-Dorfes, das abgelegen in den Bergen südwestlich von der Stadt Heraklion liegt. Die Schulen der Region werden laut griechischem Rundfunk wegen des großen Polizeiaufgebots und des Ausnahmezustands in der Region am Montag und Dienstag geschlossen bleiben. „Die Ermittlungen werden nicht aufhören, bis alle Verantwortlichen vor Gericht gebracht werden“, sagte eine Polizeisprecherin.

Streit um Neubau als möglicher Auslöser

Als möglicher Zündstoff für die Fehde, die bereits seit Jahrzehnten schwelen soll, gilt ein Streit um den Neubau eines Hauses. In der Nacht zum Samstag war an der Baustelle einer der Familien ein Sprengsatz explodiert. Am Morgen darauf rückten Angehörige dieser Familie schwer bewaffnet zu den Häusern der Gegenseite vor. Es kam zu einer Schießerei. Tausende Schüsse sollen gefallen sein. Videos zeigen einen Pick-up, dessen Heck von Kugeln durchsiebt ist.

„Ich bin dem Tod nur knapp entkommen“, sagte ein Augenzeuge dem Sender Kriti TV. „Plötzlich sah ich einen Geländewagen, aus dem in alle Richtungen geschossen wurde.“ Unter den Verletzten befinden sich laut ERTnews auch sechs Unbeteiligte. Die Verletzten wurden aus Sicherheitsgründen auf zwei verschiedene Krankenhäuser in der Stadt Heraklion verteilt, die nun von Polizei-Sondereinheiten bewacht werden.

Alte Fehden und tiefe Wurzeln des Waffenbesitzes

Der Waffenbesitz gilt für zahlreiche Menschen auf Kreta als Zeichen der Männlichkeit. Panos Siombolos, einer der renommiertesten Polizeireporter des Landes, sagte im griechischen Rundfunk, der Brauch sei „so krankhaft, dass in einigen Fällen der Patenonkel seinem (männlichen) Patenkind zur Taufe eine Pistole schenkt“. Immer wieder wird bei Hochzeiten, Taufen und anderen Feierlichkeiten in die Luft geschossen, immer wieder kommt es dabei auch zu Verletzten und sogar Toten durch Querschläger.

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Die Ursachen kretischer Fehden reichen meist so weit zurück, dass der eigentliche Grund in Vergessenheit gerät. Nur der Hass bleibt, weitergegeben über Generationen. Teils gibt es auch kriminelle Hintergründe, etwa den Anbau und Handel mit Drogen oder auch den Diebstahl von Nutztieren. Die Polizei ist in vielen Fällen machtlos – wegen einer weiteren Besonderheit vor allem in kretischen Bergdörfern. Ein Reporter des Senders ERTnews fasste es so zusammen: „Das hier ist ein typisch kretisches Dorf. Hier redet niemand.“ (dpa)

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