Zwei schwedische Polizisten stehen nebeneinander

Schwedische Polizeibeamte im Einsatz (Symbolbild). Foto: picture alliance / BILDBYRÅN | CHRISTIAN ÖRNBERG

„Integration gescheitert“: Mordende Teenager und eskalierende Gang-Gewalt in Schweden

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Die Bandenkonflikte in Schweden sind zuletzt eskaliert. Täter und Opfer werden immer jünger. Wie es so weit kommen konnte und was dagegen getan wird, erzählt eine Reportage auf ZDFinfo.

„Drei Tote nach Schüssen in Friseursalon“, „Mann am helllichten Tag erschossen“, „14-Jähriger nach Schüssen in Einkaufszentrum festgenommen“ – es vergeht in Schweden kaum eine Woche ohne Berichte über schwere Bandengewalt.

Das skandinavische Land ringt seit vielen Jahren mit kriminellen Gangs, die immer wieder für tödliche Schüsse und Sprengstoffexplosionen verantwortlich sind. Manchmal werden auch Unbeteiligte getroffen. Oft geht es bei den Gewalttaten um die Machthoheit auf dem lukrativen Drogenmarkt, aber auch um Einschüchterung und Erpressung.

Die Reportage „Die Gangs von Schweden – Wenn Teenager morden“ erzählt von den eskalierenden Bandenkriegen, bei denen Opfer und Täter immer jünger werde. Und davon, wie es in Schweden so weit kommen konnte. ZDFInfo zeigt den Film am Dienstag (9. September) um 18 Uhr. Online ist er schon vorab abrufbar.

„Die Integration ist gescheitert“

„Die Zeiten haben sich geändert“, sagt ein anonymer Gang-Krimineller aus Stockholm, der nach eigener Aussage seit zehn Jahren „im Geschäft“ ist. „Du musst jeden Moment damit rechnen, dass du niedergeschossen oder getötet wirst.“ In der Tat verzeichnet Schweden seit einigen Jahren innerhalb der EU die höchste Zahl an Schusswaffen-Todesfällen pro Kopf. Wie konnte es dazu kommen?

„Wir haben uns nie als Teil der Gesellschaft gefühlt“, sagt der Gangster aus Stockholm. „Wir nehmen entweder die miesesten Jobs an oder werden kriminell.“

Glen Sjögren, Kriminalkommissar im südschwedischen Malmö erklärt, dass es sich bei den Gangmitgliedern oft um junge Männer handelt, deren Eltern nach Schweden eingewandert – vor allem aus dem Nahen Osten. Meist sind die Jungen in den Vororten von schwedischen Großstädten aufgewachsen. „Wir haben weder Arbeit noch ordentliche Wohnungen für sie“, sagt Sjögren und meint: „Die Integration ist gescheitert.“

Kinder werden in Chats angeworben

Der Kommissar erzählt, dass mittlerweile schon 14-Jährige losgeschickt werden, um schwere Gewalttaten für die Banden auszuführen – weil sie noch nicht strafmündig sind. Diese Kinder seien ungeübt im Umgang mit Waffen, sagt Sjögren. „Darauf sind die gar nicht vorbereitet. Im schlimmsten Fall erschießen sie Unbeteiligte.“

Die Gangs werben die Jugendlichen unter anderem auf Online-Plattformen an. „In verschiedenen Chats bieten sie jungen Leuten Jobs an. 10.000 Kronen, um auf eine Tür zu ballern“, erzählt ein Stockholmer Polizist. Das sind gut 900 Euro. Die Hintermänner der Taten sind schwer zu fassen, weil sie überwiegend aus dem Ausland agieren.

Härtere Strafen und Aussteigerprogramme

Der schwedische Staat reagiert auf die zunehmende Gewalt mit mehr Überwachungskameras, mehr Polizei und härteren Gesetzen. Die Gefängnisse in Schweden sind überfüllt.

Aber es gibt auch andere vorbeugende Maßnahmen. Die Reportage erzählt von einer Initiative in einem Vorort von Stockholm, bei der die Jugendlichen unter anderem mit Hausaufgabenhilfe und Kampfsport von der schiefen Bahn gebracht werden sollen. In Malmö und in Stockholm, zwei der Hotspots der Bandenkonflikte, gibt es Aussteigerprogramme für Gangmitglieder.

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„Viele haben genug von Schießereien und Morden und wollen ein ganz normales Leben“, erzählt der Malmöer Kriminalkommissar Sjögren. „Es ist noch nicht geschafft, aber wir sind auf dem richtigen Weg.“

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