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Eine Intensivpflegerin versorgt einen am Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) erkrankten Patienten, der beatmet wird.
  • Die Lage sei laut einem Experten dramatisch: Derzeit gibt es besonders viele RSV-Infektionen. Die Kliniken seien damit überfordert und kranke Kinder müssten in der Intensivstation auf Pritschen schlafen. (Archivfoto)
  • Foto: dpa/Marijan Murat

Experte warnt vor neuer Epidemie: Geschehen sei „dramatisch“

Kommt es zu einer neuen Epidemie? Ein Experte schlägt wegen zunehmender Fälle von Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) Alarm – die Lage sei auch in Deutschland „dramatisch“. Kranke Kinder müssten mit ihren Familien in der Notaufnahme auf Pritschen schlafen, weil es keine Aufnahmekapazitäten in den Kliniken mehr gäbe. Und ein Ende dieser „Katastrophenzustände“ seien nicht in Sicht: „Die Werte gehen senkrecht nach oben.“

Es handle sich auf der Nordhalbkugel um ein „dramatisches epidemisches Geschehen“, sagte der Kinder-Intensiv- und Notfallmediziner Florian Hoffmann. Er ist Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München.

RSV-Welle: Experte spricht von „Katastrophenzuständen“

In mehreren Bundesländern, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gebe es kaum ein freies Kinderbett in Kliniken mehr, sagte Hoffmann. Das zugrundeliegende Problem sei Personalmangel, so dass nicht alle vorhandenen Betten auch betrieben werden könnten. Hoffmann sprach von „Katastrophenzuständen“ – Familien mit kranken Kindern müssten teils in der Notaufnahme auf einer Pritsche schlafen. Das sei für Deutschland ein Armutszeugnis. Viele betroffene Kinder seien schwer krank und müssten beatmet werden. Bereits im Spätsommer 2021 hatte es eine unüblich hohe RSV-Welle gegeben – die Lage aktuell sei aber schlimmer, sagte Hoffmann. 

Betroffen seien nun viele Kinder mit ein oder zwei Jahren, die – auch angesichts der Corona-Pandemie und den dagegen getroffenen Maßnahmen – bisher keinerlei Kontakt zum RSV hatten. Zum Trend bei Kleinkindern sagte Hoffmann: „Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben.“

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Nach Definition des Robert Koch-Instituts hat die RSV-Welle in der Woche bis 16. Oktober begonnen. In einem Bericht vom Mittwoch hieß es: „Insbesondere bei Kleinkindern führt die weiter ansteigende RSV-Aktivität vermehrt zu Arztkonsultationen und Krankenhauseinweisungen.“ Hoffmann sprach zudem von einer sehr frühen und sehr harten Grippewelle, die sich seit einiger Zeit parallel bemerkbar mache. 

Zur Situation in der Kinderintensivmedizin wolle die Divi kommende Woche in Hamburg neue Zahlen – und damit einhergehende Forderungen und Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Kinder – vorstellen. „Wir werden diesen Winter nicht mehr alle versorgen können. Die Kollegen landauf landab wissen nicht wohin mit unseren kleinen Patienten.“ Strukturen zur Bewältigung der Situation seien nicht vorhanden und die vorhandenen Register zur Bettensituation aus Zeitmangel oft nicht aktuell. „Wir müssten nun eigentlich Notfall-Mechanismen aktivieren, zum Beispiel Pflegepersonal aus der Erwachsenenmedizin hinzuziehen.“ 

RSV-Infektion: Schwere Verläufe bis hin zum Tod möglich

An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem. 

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Beim RKI heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Atemwegserkrankungen weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1000 Kinder im ersten Lebensjahr vorkommen. Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen zeitweise ausgeblieben. (dpa/mp)

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