• Zahlreiche TV-Größen beteiligten sich an der Aktion „#allesdichtmachen“. Doch wer steckt dahinter?
  • Foto: dpa/Internetaktion #allesdichtmachen via Youtube

Querdenker und Verschwörer: Wer oder was steckt wirklich hinter #allesdichtmachen?

Berlin –

Mit ihren Videos unter dem Motto „#allesdichtmachen“ haben prominente deutsche Schauspieler für jede Menge Zündstoff gesorgt. Angeblich handelte es sich dabei um eine dezentrale Aktion, die nicht von langer Hand geplant war. So steht es auch auf der offiziellen Homepage. Doch Recherchen zeigen jetzt, dass hinter allem ein ausgefeiltes Konzept steht – und direkte Verbindungen in die „Querdenker“-Szene.

In weiten Teilen der Bevölkerung war die Empörung groß, als TV-Größen wie Richy Müller, Heike Makatsch, Ulrike Folkerts und Ulrich Tukur Ende April Videos teilten, in denen sie sich teils über die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung lustig machten und einen „Lockdown für immer“ forderten. Doch es gab auch Zustimmung und Beifall – und zwar vor allem aus den Reihen von Corona-Leugnern und der AfD.

#allesdichtmachen: 25 Videos wurden schon wieder gelöscht

Mit so heftigen Reaktionen sowohl von der einen als auch von der anderen Seite hatten viele der beteiligten Künstler wohl nicht gerechnet und ruderten zurück. So zum Beispiel Heike Makatsch, die ihr Video bereits wenige Stunden nach der Veröffentlichung wieder löschte und ein Statement auf Instagram postete. Mittlerweile wurden 25 der 53 Videos aus dem Netz genommen – entweder, weil sich die Schauspieler davon distanzieren, oder weil sie sich „nicht in der Lage sehen, diesen Shitstorm auszuhalten“, wie es auf der Homepage der Aktion heißt.

Doch offenbar waren nicht alle Teilnehmer so unwissend. Einer von ihnen, der sich als einer der wichtigsten Drahtzieher der Aktion entpuppt hat, ist Dietrich Brüggemann, der Regisseur der Videos. Er erklärte in einem Interview mit ntv: „Die Aktion wurde tatsächlich missverstanden, aber ich persönlich fühle mich nicht missverstanden. Ich habe damit gerechnet, dass sie missverstanden wird.“ Im Klartext: Er hat mit den Reaktionen gerechnet.

Von langer Hand geplant: Dietrich Brüggemann ist der heimliche Drahtzieher der Aktion 

Dietrich Brüggemann scheint die Aktion von langer Hand geplant zu haben. Ein Schauspieler, dessen Name nicht genannt werden soll, berichtete dem „Tagesspiegel“ von einer Mail mit einer Projektskizze, Drehorten und Zeitslots, die Brüggemann und seine Kollegin Jeana Paraschiva im Vorfeld an die Teilnehmer versendet haben. Im Anhang hätten sich die Texte für die Videos befunden, aus denen sich die Schauspieler einen aussuchen konnten. Es handelte sich also nicht um die Worte der Künstler, sondern um die Brüggemanns. Das wurde laut „Tagesspiegel“ auch von Richy Müller und Kida Ramadan bestätigt.

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Was Verschwörungsideologien betrifft, ist Regisseur Dietrich Brüggemann kein unbeschriebenes Blatt. Auf Twitter und auf seinem Blog verkündete er seine Unterstützung für die „Freie Linke“ – eine Gruppierung, die gemeinsam mit „Querdenkern“ demonstrieren geht. Der Name ist dabei nur Schein – laut dem „Tagesspiegel“ äußern sich die Mitglieder der „Freien Linken“ teilweise antisemitisch, während andere Beiträge aus dem Umfeld des Hallenser Neonazis Sven Liebich posten. Auf der Homepage von „#allesdichtmachen“ distanziert man sich allerdings von Nazis.

Brüggemann hat eindeutige Verbindungen in die  „Querdenker“-Szene 

Darüber hinaus produzierte der Regisseur unter dem Decknamen „Noisy Nancy“ einen Song, der nur allzu gern auf „Querdenker“-Demos gespielt wird, wie der „Volksverpetzer“ berichtet. „Steckt euch euren Polizeistaat in den Arsch“ heißt es da und „steckt euch eure Maskenpflicht in den Arsch“. Und noch andere Dinge soll man sich „in den Arsch stecken“: PCR-Tests, Inzidenzwerte, den Lockdown und Social Distancing zum Beispiel.

Doch damit nicht genug: Dietrich Brüggemann arbeitet mit dem Gründer der Initiative „1bis19“, Paul Brandenburg, zusammen, der auch zur „Querdenker“-Szene gehört. Die beiden Männer geben in ihrem Impressum das gleiche Postfach an und auf seinem Blog erklärt Brüggemann, er unterstütze „1bis19“. Hier steckt wohl eine Motivation für „#allesdichtmachen“: „Wenn die Initiative 1bis19 durch dieses mediale Interesse jetzt mehr Bekanntheit erfährt, dann freut mich das“, schreibt Brüggemann.

„Querdenker“ Paul Brandenburg kündigte „#allesdichtmachen“ bereits im März an 

Bei Paul Brandenburg könnte es sich also um einen weiteren Drahtzieher von „#allesdichtmachen“ handeln. In einem Interview mit dem rechtsorientierten Medienmacher Gunnar Kaiser erklärte er bereits im März: „Wir haben aus dem Medien- und Kunstbereich Namen, die im Vorabend- und Hauptabendprogramm bekannt sind aus den großen Sendern.“ Viele von ihnen würden sich „bald outen“. Ein weiterer Hinweis dafür, dass die Aktion von langer Hand geplant und alles andere als dezentral war.

Ein weiterer Drahtzieher ist Filmproduzent Bernd Katzmarczyk alias Bernd Wunder, der im Impressum von „#allesdichtmachen“ als Geschäftsführer angegeben wird. Er verglich das Corona-Virus laut dem „Tagesspiegel“ im vergangenen Sommer mit einer harmlosen Grippe, sprach von „Panikmache“ und „Coronazis“. Dem „Volksverpetzer“ zufolge sagte er über SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Klappe halten.“

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Wunder ist aber eher Drahtzieher im Hintergrund. Denn die Kontakte zu den Schauspielern hatte nun mal Brüggemann, der unter anderem bei 3 Episoden des „Tatorts“ Regie führte – eine Erklärung für den hohen Anteil von Kommissaren unter den Teilnehmern. (prei)

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