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Nach Corona-Ausbruch: Lockdown in Gütersloh – Laschet attackiert Tönnies

Gütersloh –

Der Ärger in der Region auf die Fleischfabrik Tönnies ist groß: Nach den massenhaften Infektionen beim Fleischkonzern gelten im nordrhein-westfälischen Kreis Gütersloh nun wieder weitgehend Beschränkungen des öffentlichen Lebens – wie zuletzt im März.

Erstmals haben die Behörden in einem deutschen Landkreis die Corona-Lockerungen der vergangenen Wochen wieder weitgehend zurückgenommen. Die Landesregierung werde „für den gesamten Kreis Gütersloh einen Lockdown verfügen“, kündigte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag in Düsseldorf an.

Die verschärften Auflagen gelten zunächst für eine Woche bis zum 30. Juni. Zweck solle sein, „die Situation zu beruhigen“ und die „Testungen auszuweiten“, sagte Laschet. 

Gütersloh: Lockdown nach Corona-Ausbruch bei Tönnies

Im Kreis Gütersloh werden nun unter anderem wieder strenge Kontakt-Beschränkungen eingeführt. Derzeit stehen rund 7000 Menschen in dem ostwestfälischen Kreis unter Quarantäne. Freizeitaktivitäten in geschlossenen Räumen sind nicht gestattet, Ausstellungen und Museen müssen wieder schließen, ebenso Bars, Fitnessstudios und Saunen.

Restaurants und Speisegaststätten können dagegen geöffnet bleiben, aber nur noch für Menschen aus einem Hausstand. „Wir gehen diesen Weg, weil das Infektionsrisiko im Freien deutlich geringer ist als in geschlossenen Räumen“, sagte Laschet. Für mehr als 360.000 Menschen im Kreis Gütersloh bedeuteten die Verschärfungen eine große Belastung. 

Stimmung gegen Werkarbeiter sei „erhitzt“

Bei den Bewohnern des Kreises Gütersloh herrschen Entsetzen und Wut. „Wir hatten schon so viel Ärger durch den ersten Lockdown und jetzt soll das Ganze von vorne losgehen“, sagte Kai Drees aus Steinhagen.

Der Gütersloher Pfarrer Stefan Salzmann sprach von viel Unmut in der Bevölkerung: „Ich nehme viel Hilflosigkeit und Unzufriedenheit wahr“. Es gebe auch „eine große Wut, dass dieses System Tönnies so lange hat weitergehen können“, so der evangelische Pfarrer. Seine Gemeinde sei besorgt, weil es in Teilen der Bevölkerung schon eine erhitzte Stimmung gegen die Werksarbeiter gebe.

Auch Laschet attackierte Tönnies und warf ihm mangelnde Kooperationsbereitschaft vor. Daher hätten die Behörden die Herausgabe von Daten der Werkarbeiter durchsetzen müssen. „Da wurde nicht mehr kooperiert, da wurde verfügt.“ 

Massiver Corona-Ausbruch bei Tönnies Grund für Lockdown

Hintergrund der Maßnahmen ist der massive Corona-Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Dort wurden mehr als 1550 Beschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet. Wegen des Ausbruchs hatte der Kreis Gütersloh bereits in der vergangenen Woche alle Schulen und Kitas wieder geschlossen.

In der Debatte über die Ursachen des schweren Ausbruchs bei Tönnies wollte sich derweil der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, nicht festlegen. Als mögliche Gründe werden derzeit die beengten Wohnverhältnisse bei vielen aus Osteuropa stammenden Beschäftigten und die Arbeit in gekühlten Betriebsräumen diskutiert.

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„Wir gehen zur Zeit davon aus, dass es ein Sowohl-als-auch ist“, sagte Wieler in Berlin. „Wir wissen noch nicht, was die größere Rolle spielt.“ Sicher sei, dass sich das Coronavirus bei beengten Wohnverhältnissen leichter übertrage. Bei der Arbeit im Schlachthof müssten zwei Aspekte beachtet werden: „Die Temperatur wird gekühlt, das kann eine Rolle spielen.“ Dies gelte auch für die Bildung von Aerosolen. 

SPD-Fraktionschef: Laschet fahre „Schlingerkurs“ beim Thema Corona

Der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty begrüßte den Lockdown im Kreis Gütersloh, warf Laschet aber einen „Schlingerkurs“ vor. Der NRW-Ministerpräsident vollziehe „wieder eine Kehrtwende“, sagte der Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag der „Rheinischen Post“.

Video: Laschet – Lockdown für Kreis Gütersloh

„Noch am Sonntag wollte er von einem Lockdown nichts wissen.“ Jetzt müsse Laschet sich wieder selbst korrigieren. „Mit diesem Schlingerkurs verwirrt er alle“ sagte Kutschaty. Der Lockdown sei die einzig richtige Entscheidung zum Schutz der Gesundheit der Menschen. „Aber sie kommt mal wieder zu spät.“ (dpa/vd)

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