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Gegner des Corona-Passes demonstrieren in Den Haag.
  • Gegner des Corona-Passes demonstrieren in Den Haag.
  • Foto: Koen van Weel / ANP / AFP

Mehr Freiheiten dank Corona-Pass – doch die Niederländer sind sauer

Volle Sportstadien, kein Sicherheitsabstand mehr in Gaststätten und Geschäften, in Bars und Kneipen feiern: All das ist seit dem Wochenende in den Niederlanden wieder möglich. Trotzdem herrscht in weiten Teilen des Landes Unmut – schuld ist das Dokument, das die neuen Freiheiten möglich macht: der Corona-Pass.

18 Monate lang mussten die Niederländer:innen Abstand halten: 1,50 Meter war die Devise in Bars, Restaurants und Geschäften. Seit dem Wochenende ist diese Regelung abgeschafft. Nun können Kneipiers und Ladenbetreiber:innen ihre Räumlichkeiten wieder voll auslasten, auch Sportstadien dürfen wieder bis auf den letzten Platz besetzt werden. „Damit machen wir einen deutlichen Schritt in Richtung einer Gesellschaft ohne einschränkende Corona-Maßnahmen“, erklärte die Regierung am Freitag in Den Haag den Schritt.

Allerdings: Einen „Vrijheidsdag“ (Freiheitstag), wie ihn einige Medien schon beinahe herbeischrieben, wird es bei unseren Nachbarn nicht geben. Die Impfquote sei dafür noch viel zu niedrig, hieß es von der Regierung. Rund 70 Prozent der Bevölkerung sind  bislang mindestens einmal geimpft, gut 63 komplett. Die Sieben-Tage-Inzidenz in den Niederlanden liegt bei etwa 77.

Mehr Freiheiten dank Corona-Pass – doch die Niederländer sind sauer

Deshalb gilt weiter eine Maskenpflicht etwa in Bussen und Bahnen; Discos und Nachtclubs müssen zudem weiter um Mitternacht schließen. Zum anderen tritt an die Stelle der 1,50-Meter-Abstandsregel nun der Corona-Pass. Jeder Mensch in den Niederlanden, der älter als 13 Jahre ist und eine Gaststätte, Kultur- oder Sporteinrichtungen besuchen möchte, muss mit diesem Pass nachweisen, dass er geimpft, genesen oder getestet ist. Wer nicht geimpft oder genesen ist, bekommt kostenlos einen Abstrich in einem Test-Center.

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Und jetzt wird’s kurios: Statt sich über diese neuen Freiheiten zu freuen, gingen in vielen Städten des Landes am Wochenende Tausende wütend auf die Straßen. „Die Tyrannei vertreiben“ stand auf einem Protest-Transparent. „QR ist Ausweis“, hieß es unter Verwendung des deutschen Wortes auf einem anderen – eine Anspielung die Nazis, die in den besetzten Niederlanden eine Ausweispflicht zur Judenverfolgung einführten. Einer aktuellen Umfrage zufolge findet gut ein Drittel der Bevölkerung, dass die Regierung die Freiheit immer noch zu sehr einschränkt.

Jetzt gibt es auch noch Knatsch in der Regierung

Auch Gastwirte sind sauer: Sie kündigten bereits in mehreren Städten an, dass sie den 3G-Nachweis nicht kontrollieren werden. Darauf reagierten die Kommunen: Sie wollen in den ersten Wochen bei Verstößen keine Strafen verhängen. „Gastwirte sehen es nicht als ihre Aufgabe, Gäste zu kontrollieren“, geht aus einer Umfrage des Königlichen Gaststättenverbandes hervor. Nach ihren Angaben fehlen für die Kontrollen Personal und Geld. Außerdem befürchten Unternehmer Aggressionen und Bedrohungen.


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Zu allem Überfluss gab es dann am Samstag auch noch Knatsch innerhalb der Regierung: Premierminister Mark Rutte entließ Wirtschaftsstaatssekretärin Mona Keijzer fristlos. Keijzer hatte im Interview mit der Zeitung „De Telegraaf“ die Einführung des Corona-Passes scharf kritisiert: „Wenn wir in einer Gesellschaft gelandet sind, in der man voreinander Angst haben muss, es sei denn, man legt einen Nachweis vor, dann muss man sich (…) fragen: Wollen wir diese Richtung wählen?“

Die Ansichten der Staatssekretärin vertrügen sich nicht mit den kürzlichen Beschlüssen des Ministerrats, ließ Rutte zur Begründung mitteilen. Keijzers Aufgaben soll nun Wirtschaftsminister Stef Blok übernehmen.

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