Tornado in Tschechien: „Reiner Zufall, dass es nicht Deutschland traf“
Es sind schlimme Bilder: Ein Tornado ist über den Südosten Tschechiens gezogen und hat dort eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Mindestens fünf Menschen starben, zahlreiche wurden verletzt. Experten sind sich einig: So etwas kann uns auch in Deutschland blühen – und durch den Klimawandel wird die Gefahr größer.
Mindestens fünf Tote, rund 200 Verletzte, hunderte abgedeckte Dächer und zerstörte Häuser, gerissene Stromleitungen, umhergeschleuderte Autos: Das ist die Schock-Bilanz eines Tornados, der die Region Südmähren in Tschechien am Donnerstagabend aus dem Nichts überrollt hat. Viele Einwohner der betroffenen Gemeinden standen auch am Freitag noch unter Schock. „Auf einmal habe ich ein merkwürdiges Dröhnen gehört, als ob ein Zug näher kommen würde“, sagte ein Augenzeuge der Zeitung „Pravo“. „Dann begann die Hölle, alles flog herum.“ Sein Haus habe kein Dach mehr, keine Zimmerdecke, keine Fenster, berichtete ein anderer. Bis zu 600 Gebäude sind wohl abrissreif.
Tschechien: Tornado für Europa ungewöhnliche Stärke
Laut Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hatte der Tornado in Tschechien eine für Europa außergewöhnliche Stärke. „Auf der internationalen Fujita-Skala erreicht er die zweithöchste Kategorie F4“, sagt DWD-Tornadoexperte Andreas Friedrich. Diese Kategorie geht mit Windgeschwindigkeiten von 330 bis 420 Sachen einher.
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Friedrich und sein Kollege, Klimaforscher Prof. Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, sind sich auf MOPO-Nachfrage einig: Auch Deutschland hätte eine solche Katastrophe treffen können. „Im Süden Deutschlands war die Wetterlage in den letzten Tagen ähnlich wie in Tschechien“, erklärt Latif. Laut Friedrich hätte der Tornado genauso gut das EM-Spiel in München erwischen können. „Es war reiner Zufall, dass es nicht Deutschland traf.“
Tornado hätte auch Deutschland treffen können
„Wird bei uns auch kommen, eines Tages. Wird viele Tote geben“, twitterte auch Wetterexperte Jörg Kachelmann zu Tschechien. Dem kann Friedrich nur zustimmen: „Wenn so ein Tornado eine Großstadt wie München trifft, wird es zu einer Katastrophe mit hunderten Toten kommen.“
Genau vorhersagen kann man Tornados aber nicht, sagt Klimaforscher Latif – bei gewittrigem Wetter bestehe immer die Gefahr, dass einer entsteht. Vorbereiten kann man sich deshalb kaum – wohl aber reagieren. „Wenn man im Freien ist, sollte man zügig ein Gebäude aufsuchen“, so Latif. Dort müsse man schnellstmöglich in den Keller oder einen fensterlosen Raum fliehen, ergänzt DWD-Experte Andreas Friedrich. „Am Fenster zu stehen und das Ereignis zu filmen, ist die völlig falsche Reaktion“, fügt er hinzu. Denn: Aufgewirbelte Gegenstände könnten Fenster und sogar dicke Garagentore durchbohren.
Klimawandel verstärkt Gefahr solcher Unwetter
Beide Experten sind sich einig, dass die Tornado-Gefahr durch den Klimawandel größer wird. „Infolge der Erwärmung der Luft ist mehr Energie da und bei entsprechender Wetterlage können Gewitter und Tornados heftiger ausfallen“, erklärt Latif. Auch Friedrich kündigt an: Künftig würden Tornados nicht unbedingt häufiger auftreten, aber eben schlimmere Auswirkungen haben.
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In Tschechien dauert derweil die Suche nach möglichen Verschütteten an. Hunderte Feuerwehrleute gingen in den zerstörten Gemeinden von Haus zu Haus. Auch Spürhunde halfen bei der Suche. Regierungschef Andrej Babis sprach von einer „Apokalypse“.