Italienischer Ex-Abgeordneter in Mafia-Prozess verurteilt
4700 Jahre Freiheitsstrafe: Das fordert die Staatsanwaltschaft insgesamt für alle Angeklagten des größten Mafia-Prozesses in Italien seit Jahrzehnten. Auch ein ehemaliger Abgeordneter der Regierungspartei Forza Italia stand vor Gericht – und wurde zu elf Jahren Haft verurteilt.
Der konservative Politiker Giancarlo Pittelli wurde am Montag von einem Gericht in der süditalienischen Stadt Lamezia Terme schuldig gesprochen, für die Verbrecherorganisation ‘Ndrangheta tätig gewesen zu sein.
Ex-Abgeordneter der Forza Italia zu elf Jahren Haft verurteilt
Die Forza Italia war die Partei des im Juni verstorbenen Ex-Regierungschefs Silvio Berlusconi. Auch ein Ex-Polizist und ein ehemaliger Regionalrat wurden zu Haftstrafen verurteilt, weil sie in Diensten der Mafia standen. In dem Verfahren mussten sich seit knapp drei Jahren mehr als 300 mutmaßliche Mitglieder oder Helfer der Mafia vor der Justiz verantworten. Die Staatsanwaltschaft forderte Strafen von bis zu 30 Jahren Gefängnis – für alle Angeklagten insgesamt mehr als 4700 Jahre.
Die Verlesung der vielen Urteile zog sich am Montag über mehrere Stunden hin. Die Vorwürfe lauteten von Mord und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung über Drogenhandel und Geldwäsche bis hin zu Korruption bei staatlichen Bauaufträgen.
Aussagen von Kronzeugen ermöglichen größten Mafia-Prozess seit Jahrzehnten
Die ‘Ndrangheta aus Kalabrien war früher in Italien nur die Nummer drei der verschiedenen Mafia-Organisationen, hinter der Cosa Nostra aus Sizilien und der Camorra aus Neapel. Heute ist sie mit Abstand Italiens mächtigste Verbrechergruppe mit Verbindungen in alle Welt. Das Geschäft mit Kokain in Europa ist nach Einschätzung von Experten weitestgehend in ihrer Hand, auch in Deutschland. Ihr weltweiter Umsatz wird auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
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Grundlage für den seit Januar 2021 laufenden Prozess waren Aussagen mehr als 50 verschiedenen Kronzeugen, die der ‘Ndrangheta abgeschworen haben. Normalerweise gilt in der Mafia das „Gesetz des Schweigens“ – also, dass niemand Aussagen macht. Nach Einschätzung von Experten besteht die ‘Ndrangheta aus etwa 150 Familien. In den 1980er-Jahren standen auf Sizilien schon einmal mehr als 400 Angehörige der Mafia-Organisation Cosa Nostra vor Gericht. (dpa/mp)