Handyverbot in Schulen: England sagt Ja, Deutschland sagt Jein
Smartphones gelten vielen Eltern und Lehrern als eines der größten Probleme im Unterricht. In England will die Regierung nun Handys an Schulen komplett verbieten. Eine Lösung auch für Deutschland?
Daddeln im Unterricht, heimliche Fotos von Mitschülern, Mobbing in Chats oder Zugriff auf Pornoseiten: Es gibt viele Klagen über die Nutzung von Smartphones in Schulen. Die konservative britische Regierung will nun handeln – und Schülerinnen und Schülern die Nutzung von Handys komplett verbieten, auch in den Pausen.
Bildungsministerin Gillian Keegan verwies auf Warnungen der UN-Bildungsorganisation Unesco, dass Handys zu Ablenkung und Cybermobbing führen könnten sowie die Privatsphäre der Schülerinnen und Schüler bedrohten.
England: Regierung will Handys an Schulen verbieten
Großbritannien ist nicht das erste Land, das an Schulen nun durchgreifen will. Schon im Juli hatten die Niederlande ein Verbot angekündigt, das von kommendem Jahr an greifen soll. Die britische Regierung nannte zudem Frankreich, Italien und Portugal als Beispiele.
Auch in Deutschland wird seit Längerem über ein Handyverbot an Schulen diskutiert. Einige Politiker und Wissenschaftler sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte klagen, Smartphones und Tablets führten dazu, dass Kinder zu wenig draußen seien. Zumindest an Grundschulen sollten Handys komplett verboten werden, forderte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin und CDU-Bundesvize Karin Prien Mitte August.
Deutscher Lehrerverband gegen Handy-Verbot
Der deutsche Lehrerverband hingegen lehnt Pläne wie in Großbritannien ab. „Ein absolutes Handyverbot für alle Altersgruppen und den gesamten Schulbereich kann man nicht durchsetzen“, sagte Verbandspräsident Stefan Düll. Viele Eltern wollten, dass ihre Kinder für kurzfristige Absprachen erreichbar sind.
Der Kommentar zum Thema: Wir brauchen auch in Deutschland ein Handyverbot an Schulen!
Zwar sei das Störungspotenzial durch Smartphones groß, so Düll. Doch habe es auch in der analogen Zeit viel Ablenkung gegeben. Schülerinnen und Schüler hätten Arbeitsaufgaben für andere Fächer gelöst, Briefchen geschrieben oder andere private Dinge erledigt.
Wichtiger sei ein „Ansatz des emanzipierten Schülers“. Man müsse sich gemeinsam Gedanken machen, wie man mit digitalen Geräten in der Schule umgehe. „Ein flächendeckendes Verbot führt nur zu Umgehung und in der Folge zur Drangsalierung junger Menschen“, sagte Düll. Auch gegen digitales Mobbing helfe ein Handyverbot kaum. „Wer mobben will, macht dann nachmittags weiter. Das können Lehrkräfte nicht kontrollieren.“ Online-Mobbing müsse für sich behandelt und besprochen werden, um dann gezielt dagegen vorzugehen.
Widerstand gegen Regierungspläne
In England gibt es ebenfalls Widerstand. Das geplante Verbot sei „nicht durchsetzbar“ und wirkungslos, kritisierte der Chef der Lehrergewerkschaft NASUWT, Patrick Roach. Wichtiger wäre Hilfe für Eltern und Lehrer, da die negativen Folgen nicht aufs Klassenzimmer beschränkt seien. Der Chef der Schulleitervereinigung NAHT, Paul Whiteman, wies ebenfalls auf Probleme bei der Umsetzung hin, etwa in Sachen Absprachen der Kinder mit ihren Eltern.
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Bis ein Handyverbot gesetzlich verankert ist, dürfte es allerdings noch etwas dauern – das räumte auch die britische Regierung ein. (dpa/vd)